Junge Freiheit-Lese- und Gesprächskreise -
Umfeld und Abspaltungen
Stand des Artikels: 1996
Die Phasen: Dieter Stein hebt im Januar 1992 unter dem
Titel »Ist das etwa eine neue Graswurzelrevolution« in der
Jungen Freiheit (JF) die Bildung neuer Seminare und Lesekreise hervor[1].
Bis Ende 1993 gründen sich in mehr als 20 Städten Lese- bzw.
Arbeitskreise, die sich auf die JF beziehen, zum Teil von JF-Mitarbeiter
geleitet werden und für die in der JF geworben wird. Sie führen
Veranstaltungen mit Referenten des konservativen bis rechtsextremistischen
Spektrums durch. Zu nennen wären hier u.a.: Jungkonservativer Club,
Konservativer Gesprächskreis Karlsruhe (Literaturkreis e.V.), Konservativer
Arbeitskreis Gießen/Mittelhessen (Anfang 1993 umbenannt in Konservativer
Gesprächskreis Wetzlarer Forum), JF-Lesekreis Berlin (Kontakt: Helge
Drescher), Konservativer Gesprächskreis Dortmund (Kontakt: Claus-Georg
Pleyer). Im Zuge der redaktionsinternen Auseinandersetzungen um den politischen
Kurs der JF erwirkte Stein Ende 1994 eine Verfügung gegen den JF-Lesekreis
Berlin, der den Flügel um Andreas Molau unterstützte, sich mit
seinem Namen nicht mehr auf die JF zu beziehen. Dieser arbeitete zunächst
als Berlin - Gesprächskreis und schließlich als Deutsches
Kolleg weiter. Im Juni 1996 untersagte die JF schließlich allen
Lesekreisen, sich in der Namensgebung an die Wochenzeitung anzulehnen
und distanziert sich von der Freien Deutschen Sommeruniversität[2].
Zwei Beispiele: 1.) Der Jungkonservative Club
aus München gründete sich am 10. November 1991 in den Räumen
der Zeitschrift Criticon und sprach neben deren
Leserschaft die der JF an. Das »konservative Spektrum (im weitesten
Sinne)«[3] sollte eingebunden werden. Das Treffen wurde
von Alexander Wolf geleitet, Hans-Ulrich Kopp hielt den Einleitungsvortrag.
Weitere Veranstaltungen wurden im Haus der Burschenschaft Danubia und
im Club Preysing Palais abgehalten. Als Referenten waren u. a. angekündigt:
Freiherr von Spaun (»als einer der lebenden Freikorpskämpfer«,
am 12. Dezember 1993), Franz Riedweg (»Im Zweiten Weltkrieg Chef
der Europäischen Freiwilligenleitstelle« referiert am Reichsgründungstag
18. Januar 1994 »über frühere Konzeptionen für ein
gemeinsames europäisches Haus«), Martin Pabst (Hilfskomitee
Südliches Afrika, am 6. Juni 1994), Wilfred van Oven (am 10.
Mai 1994 zum Thema »'Die Psychologie der Massen', in die er aufgrund
seiner Tätigkeit im Reichspropagandaministerium besonders tiefe Einblicke
gewinnen konnte«).
2.) Der Konservative Gesprächskreis Hannover e.V.
geht auf einen Lesekreis zurück, der sich Anfang 1992 gründete.
Seit dem 7. Januar besteht er als eingetragener Verein. Zu den Gründungsmitgliedern
zählen Hans Joachim Baumbach und Eberhard Klas.[5] Nach
Eigenangaben referierte bislang bei ihnen[6]: Alfred Ardelt,
Dieter Eppenstein (Generalsekretär WEISSER RING), Robert Hepp, Andreas
Heuberger (damaliger Redakteur der JF), Ernst-Henning Jahn (MdL, Landtagsvizepräsident),
Hans-Ulrich Kopp, Klaus Kunze, Gerhard Löwenthal, Karl Manzke (Landessuperintendent
a.D.), Alfred Mechtersheimer, Christa Meves, Ulrich Schacht, Franz Uhle-Wettler,
Karlheinz Weißmann, Johanna Gräfin von Westphalen (Bundesvorsitzende
der Christdemokraten für das Leben) und Michael Wiesberg (wiss. Mitarbeiter
im Landtag von Baden-Württemberg).
Die JF-Sommeruniversität: Seit 1993 führte
die JF jährlich ein mehrtägiges Seminar durch, welches sie als
»Sommeruniversität« bezeichnete. In den Jahren 1993 und
1994 fanden diese in Zusammenarbeit mit der Burschenschaft Danubia München,
der Freiheitlichen Studenteninitiative Insbruck und dem Edgar-Jung-Institut
statt und sollten als »Kristalisationspunkt« der Lesekreise
und der Zusammenführung der »Lesekreisleiter« dienen.
In ihrer Selbstdarstellung lehnen sie sich bewußt an die antidemokratische
Strömung des historischen Juni-Klubs von Moeller van den Bruck und
seiner »jungkonservativen« Freunde an: »Nach dem Vorbild
des Politischen Kollegs der zwanziger Jahre bieten Repräsentanten
verschiedener konservativer Richtungen Material für künftige
Führungskräfte in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft.«
Ziel sei »Elitenbildung« und die Schaffung eines Beitrages
»zu jenem grundsätzlichen politischen Klimawechsel, der sich
seit der kleinen Wiedervereinigung des Jahres 1990 abzeichnet (..)«[7].
Organisator der Tagung vom 30. Juli - 4. August 1993 war Michael Hageböck,
Leiter Hans-Ulrich Kopp. Über Themen wie »Begegnungen mit Arno
Breker«, »Das Soldatische - von Ernst Jünger bis zu Deserteursehrungen«,
»Carl Schmitt und die Action Francaise« oder über Gabriele
d'Annunzio und Ernst von Salomon referierten u.a.[8]: Claus Jäger,
Andreas Mölzer, -> Rolf Schlierer, Hans Wahls, -> Klaus Hornung,
Robert Steuckers, Ronald F. Schwarzer, Friedrich Romig, Günter Maschke,
Donoso Belgrano, Klaus Kunze, Ulrich Mutz, Erik Ritter v. Kuehnelt-Leddhin,
Franz Uhle-Wettler, Vladimir Krljan, Thomas Hastreiter, David Baum, Rolf
Schilling, Götz Kubitschek.
Die Tagung 1994 fand vom 19.-24. August auf der Burg Hohenberg, einer
als »Grenzlandbildungsstätte« an das Sudetendeutsche
Sozialwerk verpachteten Liegenschaft des Freistaates Bayern, statt. Organisiert
wird sie wiederum über Hans-Ulrich Kopp. Themen wie »Wesen
und Wirken der Propaganda« oder »Erwin Guido Kolbenheyer,
ein sudetendeutscher Dichterphilosoph« wurden zur Mehrzahl von Mitarbeitern
der JF referiert. Angekündigt waren u.a.: -> Walter Staffa, Frank
Bötzkes, Guido Fehling, Winfried Knörzer, Michael Wiesberg,
Günther Brückner, Claus-Georg Pleyer, Rene-Lysander Scheibe,
Stefan Grotewohl, Roland Bubik, Götz Meidinger, Hans-Ulrich Kopp,
Josef Schüßlburner, Christian Weilmeier, Jürgen Mohn,
Markus Zehme.
Die Tagung 1995 fand vom 28. August bis 2. September statt. Die Trennung
vom redaktionsinternen Flügel um Andreas Molau und Hans-Ulrich Kopp
war bereits vollzogen. Die Tagungsleitung hatten Jens Falk und Frank Liebermann
inne. Als Schirmherren stellten sich -> Heinrich Lummer, -> Herbert
Fleissner und Günter Zehm zu Verfügung. So waren die Themen
eher nationalkonservativ und nationalliberal ausgelegt und bereiteten
die Herausgabe der Österreichausgabe der JF vor. Referenten waren
u.a.: Heimo Schwilk, Joachim Schäfer, Hans Jürgen Leersch, Michael
Oelmann, Reginald Rudeck, Peter Muschol, Gerhard Löwenthal, ->
Jürgen Hatzenbichler, Andreas Mölzer. Eine Tagung für 1996
ist nicht vorgesehen.
Die Freie Deutsche Sommeruniversität: Vom 9. bis
13. August 1995 fand erstmalig, wiederum auf der vom Sudetendeutschen
Sozialwerk gepachteten Burg Hohenstein, eine Tagung der Freien Deutschen
Sommeruniversität statt. Sie versteht sich als konsequente Fortführung
der »herunterliberalisierten« Sommeruniversität der Jungen
Freiheit[9]. Zum Thema »Europa als politischer Großraum«
führte der ehemalige JF-Mitarbeiter Hans-Ulrich Kopp u.a. die folgenden
Referenten zusammen: Robert Steuckers (»Der Europagedanke der Konservartiven
Revolution«), Tomislav Sunic, Paul Polak, Wladimir Guzmann, Reinhold
Oberlercher, Josef Schüßlburner (»Europa als Reichsersatzideologie«),
Sascha Jung, Wolfgang Strauss, Hans Wahls, Winfried Knörzer, Oberst
a.D. Eberhard Heder (»Die Waffen-SS - Eine europäische Armee«).
Die 89er - Konservative Gesprächs- und Arbeitskreise:
Mit zwei Anzeigen vom 4. November 1995 und vom 27. Januar 1996 im ->
Ostpreußenblatt traten bislang unter Titeln wie »Die 89er.
Konservativ - Jung - Akademisch« verschiedene konservative Gesprächs-
und Arbeitskreise in Erscheinung. Koordiniert über den zentralen
Kontakt Konservativer Gesprächskreis Dresden/KGAK-Sprecherrat, bieten
sie vor allem burschenschaftlichen Trägerstrukturen der vormaligen
JF-Lesekreise eine gemeinsamme Veranstaltungsplattform. So sind ca. 20
Veranstaltungsorte und Kontaktadressen aufgeführt. Dahinter stehen
z. B. die Burschenschaft Thuringia aus Braunschweig, die Burschenschaft
Germania aus Hamburg, der Staatspolitische Club Rhein-Main für Frankfurt
oder die Burschenschaft Danubia aus München. Die Themenpalette der
Referenten reicht von Hans-Joachim von Leesen (»Schwarze Fahne mit
Schwert und Pflug - Die Landvolkbewegung«, Hamburg), Gerhard Pfreundschuh
(»Von der Gemeinschaft zur Gesellschaft - Welche Ideologie steckt
dahinter?«. Braunschweig) zu Alexander von Stahl (»150 Jahre
Liberalismus in Deutschland - Bestandsaufnahme und Kurskorrektur?«,
Karlsruhe) und Alfred Mechtersheimer (»Deutschland - Friedensmacht
in der Mine Europas«, München). Als weitere Referenten wurden
u. a. angekündigt: Klaus Motschmann, Dag Krienen, Mark von Wnuck,
Claus M. Wolfschlag, Lothar Hobelt, Hans-Ulrich Kopp, Gerald Wailz, Stefan
Ulbrich, Heinz-Siegfried Strelow, Heinz-Theo Homann, Siegfried Gleißner,
Ulrich Heyder, Josef Schüßlburner, Peter Lahn, Rolf-Dieter
Gmeiner, Heiner Kappel, Hans Hirzel, Georg Bernd Oschatz, Olav Röhrer-ErtI,
Oberst Riho Terras und Pater Markus Heggenberg.
Bedeutung: Von Seiten der JF stellten die Lesekreise
den Versuch dar, im Vorfeld ihrer Umstellung zur Wochenzeitung breiter
für sich zu werben und sich regional zu verankern. Vor allem ihnen
nahestehende Burschenschaften wurden hierbei eingebunden und trugen die
JF-Sommeruniversität mit. Mit dem verstärkten Bemühen der
Jungen Freiheit um eine nationalliberale Option verabschiedet sich die
JF von ihren, in der Mehrzahl auf Vorbilder der »konservativen Revolution«
und »Jungkonservativen« der 20er Jahre sich beziehenden, Lesekreisen
- zumal einige Lesekreise sich bis ins neofaschistische Spektrum bewegten.
Die Redaktion weist darauf hin, daß sie »weiterhin konstruktive
Arbeit in den zahllosen, seriös arbeitenden unterschiedlichsten Kreisen
und Gruppen publizistisch mit Sympathie begleiten und unterstützen«[10]
will. (B)
Autoren: Michael Bauerschmidt, Susanne Brandt, Ulli
Jentsch, Kurt Ohrowski
Anmerkungen:
[1] Vgl. Junge Freiheit, Nr. 1-2/1992, S. 4.
[2] Vgl. In eigener Sache. Junge Freiheit, Nr. 25/1996 (14.6.1996),
S. 2.
[3] Vgl. Einladung des Jungkonservativen Clubs vom November
1991.
[4] Vgl. Einladungen des Jungkonservativen Clubs vom 4. November
1993 und vom »Anfang Mai
1994«.
[5] Zur Entwicklung der JF-Lesekreise in Hannover, des Konservativen
Gesprächskreises Hannover
und der Konservativen Sammlung e.V. vgl. S. Schwarz: Von konservativ bis
rechtsradikal. In: Der
Rechte Rand, Nr.41 (Juli-August/l 996) S. 6 f.
[6] Eigenangaben zitiert nach »IJ.SCHATZSCHNEIDER@NADESHDA.gun.de«
vom 24.5.1996.
[7] Vgl. Hans-Ulrich Kopp: Resümee und Ausblick. In: M.
Hageböck (Hrsg.): JF-Sommeruniversität
1993 in Ravensburg. Potsdam 1994, S. 219 f.
[8] Vgl. F. v. Lodenitz: Konservative Genossenschaft. In: Junge
Freiheit, September/1993, S. 6.
[9] Vgl. H.-U. Kopp: Zur Tagung und Entstehung der Freien Deutschen
Sommeruniversität. In: Staatsbriefe, Nr. 10/1995, S. 32.
[10] Vgl. »In eigener Sache« (s. Anm. 2).
Quelle: Mecklenburg, Jens (Hg.): Handbuch Deutscher
Rechtsextremismus,
Berlin 1996, S.198-202.
Weitere Materialien:
© für alle: 2005 antifaschistisches pressearchiv und bildungszentrum
berlin e.v.
|