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Profil: Wiking Jugend e.V. (WJ) |
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Wiking Jugend e.V. (WJ)Stand des Artikels: 1996 Gründung: Dezember 1952 Verbot: 10. November 1994 Sitz: 52223 Stolberg Zahl der Mitglieder: 500 bis 600 Funktionäre: -> Wolfgang Nahrath (Bundesführer 1967 bis 1991), -> Wolfram Nahrath (Bundesführer), Jan Knust, Hans Jaus, Susanne Pfeiffer, Hildrun Biber, Hartmut Wilhelm, Axel Schunk; Weitere Mitglieder: Josef Biber, Frank Kaden, Ute Senft, Manfred Börm, Dirk Nahrath, Edda Schmidt, Gudrun Burwitz, Frank Rennicke, Susanne Gestrich, Falco Schüssler, Matthias Ries, Walter Matthaei. Struktur: Die als Nachfolge der Reichsjugend (-> Sozialistische Reichspartei) gegründete Wiking Jugend (WJ) war nach dem Vorbild der Hitler-Jugend aufgebaut und in »Gaue« und »Horste« eingeteilt. Die Mitglieder, 90 Prozent unter 18 Jahre, bildeten »Jungen-« und »Mädelschaften«. Die WJ spricht von 15.000 Kindern und Jugendlichen, die durch ihre Schule gegangen seien.[1] Zum Zeitpunkt ihres Verbotes 1994 unterhielt die WJ zwölf Gaue, besonders aktiv waren diese in Sachsen und Schwaben. Im Ausland entwickelten die Sektionen in der Schweiz (aufgelöst 1991), in Flandern (Belgien), in Frankreich und in Spanien ein organisatorisches Eigenleben. Aktivitäten: Ab 1955 führt die WJ Pfingstreffen durch, die bis 1994 stattfinden und in jüngerer Zeit »Tage volkstreuer Jugend« genannt wurden. 1979 werden die Funktionäre Manfred Börm und Uwe Rohwer zu Haftstrafen wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation verurteilt. Die Gruppe hatte u.a. ein Munitionsdepot der Bundeswehr überfallen. 1980 gehen Mitglieder der WJ mit Teilen der -> Wehrsportgruppe Hoffmann zur Ausbildung in den Libanon. 1983 werden bei WJ-Mitgliedern Waffen, Bombenbauanleitungen und Zeitzünder gefunden. 1990 und 1991 ist die WJ mit der Gestaltung der »Heldengedenkfeier« am Volkstrauertag in Halbe (Land Brandenburg) beauftragt. Während eines Pfingstlagers 1994 in Hetendorf (Niedersachsen) marschieren Mitglieder der WJ pressewirksam in Uniform auf. Nach dem Verbot führt die WJ 1995 ihr Winterlager in Belgien sowie mehrere dezentrale Lager in Deutschland durch, ein Treffen auf der Burg Hohnstein (Thüringen) am 24. Juni wird von der Polizei aufgelöst. Periodika: Der Wikinger, das offizielle Organ der WJ, erscheint seit ca. 1983 vierteljährlich in einer Auflage von 1.000 Exemplaren. Nach dem Verbot wird der Wikinger aus Belgien verschickt. Hinzu kommen die jährlichen Fahrtenpläne und Der Odalkalender. Der Mädelbrief Die Bauge erschien seit ca. 1975. Als zweitmonatliche Schülerzeitschrift erschien von 1978 bis mindestens 1984 Gack mit einer angeblichen Auflage von 10.000 Stück. Programmatik: Die ideologische Grundlage der WJ war durchgängig am Vorbild der Hitler-Jugend und der SS orientiert. Ihre Aufgabe sah sie in der Ausbildung und »Ertüchtigung« der Jugend nach völkischen Prinzipien. Die WJ verstand sich als eine elitäre Gemeinschaft, die den Organisationen des neofaschistischen Spektrums schrittweise neues Führungspersonal zuführen sollte. Erklärtes Ziel war die »Wiederbelebung« von »Elitegeist und Volksgemeinschaft « zur Schaffung der »Reichseinheit« und der »Nation Europa«[2]. Diese umschrieb die WJ mit dem Begriff »Nordland« als den »ideellen Überbau über den römisch-griechischen geographischen Begriff Europas«[3]. Auch hier ist der Bezug auf die Vordenker des deutschen und des italienischen Faschismus und zur namensgebenden Waffen-SS-Division »Wiking« unübersehbar. Zusammenarbeit: Es existierten engste Verbindungen zum Spektrum der -> Deutschen Kulturgemeinschaft (DKG) und zur -> Artgemeinschaft. Weiter wurden enge Kontakte zur -> Nationaldemokratischen Partei Deutschlands, zur ->Nationalistischen Front und zur ->Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei unterhalten. International hielt die WJ Verbindungen zum spanischen Circulo Espanol de Amigos de Europa (CEDADE) und zur rechtsextremen Denkfabrik AVALON (Schweiz), einem Ableger des deutschen -> Thule-Seminars. Weitere ausgedehnte Kontakte zu neofaschistischen Gruppen existierten in Österreich, Belgien, Niederlande, Ukraine, Polen (Schlesien). Bedeutung: Gefördert durch den Kreis um die DKG, rückblickend auf eine jahrzehntelange Kontinuität und behaftet mit dem Ruf der Hitler-Jugend-Nachfolgeorganisation kam der WJ eine überragende Rolle im neofaschistischen Spektrum zu. Mit ihren über 500 Mitgliedern stellte sie zudem ein beträchtliches Kaderpotential und muß auch als eine tragende Säule des militanten rechten Untergrundes gesehen werden. Angehörige der WJ versuchten immer wieder - nach einer Vorgabe von Wolfgang Nahrath von 1973 - , in Behörden Fuß zu fassen, um an die »Schalthebel des Staates«[4] zu gelangen. Der organisatorische Zusammenhalt wird nach dem Verbot durch eine dezentrale Organisierung, durch »private« Zusammenkünfte und durch konspirativ geplante und durchgeführte Lager aufrechterhalten. Einen Teil ihrer Infrastruktur hat die WJ ins Ausland verlagert. Autoren: Michael Bauerschmidt, Susanne Brandt, Ulli Jentsch, Kurt Ohrowski Quelle: Mecklenburg, Jens (Hg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus, Berlin 1996, S.320ff [1] Vgl. Der Rechte Rand, Nr. 24, S. 15. Weitere Materialien:
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