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Profil: Thule-Netz

 

Thule-Netz

Stand des Artikels: 1996

Gründung: März 1993

Sitz: 91009 Erlangen

Mitglieder: Kai Dalek (Kraftwerk BBS/Weissenbrunn), Thomas Hetzer (Widerstand BBS/Erlangen), Jürgen Jost (Elias BBS/Oftersheim), Peter Voss (Germania BBS/Bonn), Thomas Scharfy (Empire BBS/Winnenden), Thomas Richter (SoRevo BBS/Berlin).

Struktur: Erste Bemühungen in den Jahren 1991 und 1992, Mailboxnetze im Raum Franken aufzubauen, scheitern an technischen und konzeptionellen Schwächen. 1993 wird von den Boxen Phantom BBS und Widerstand BBS das Thule-Netz ins Leben gerufen. Die Widerstand BBS wird zur bundesweiten Schnittstelle. Im Zentrum des Thule-Netzes stehen Funktionäre der ->Jungen Nationaldemokraten (JN) sowie Kader der Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front (GdNF) aus Süddeutschland. An das Netz sind im August 1995 Boxen in Erlangen, Weissenbrunn, Oftersheim, Bonn, Winnenden, Berlin, Frankfurt, Karlsruhe, München, Schorndorf, Hameln und Neubrandenburg angeschlossen.[1] Hinzu kommen zwei assoziierte Mailboxen, davon eine der ->Republikaner (REP) und drei ausländische Boxen in Österreich, Norwegen und den Niederlanden.

Aktivitäten: Im Netz werden Zeitungsartikel, unter anderem aus Umbruch, ->Staatsbriefe, -> Vorderste Front, Die Saufeder sowie Diskussionsbeiträge veröffentlicht. Einige Parteien und Gruppierungen verfügen über eigene Bretter, so die ->Nationaldemokratische Partei Deutschlands, Die REP und die Deutsche Liga für Volk und Heimat. Im Oktober 1994 finden Razzien gegen einige Mailboxbetreiber statt, so bei der Elias BBS, einer Box in Frankfurt und einer in Kassel. Im November wird im Thule-Netz zum Aufmarsch zu Francos Todestag in Madrid mobilisiert. Der Betreiber der Elias BBS, Jürgen Jost, wird im Februar 1996 wegen Volksverhetzung verurteilt. Grund war ein antisemitischer Artikel in seiner Mailbox.

Periodika: Seit Ende 1994 erscheint in bisher zwei Ausgaben das Thule-Journal. Verantwortlich zeichnet zunächst Thomas Hetzer, ab Nr. 2 die Kraftwerk BBS von Kai Dalek. Das Journal bietet dem Leser neben einer ausführlichen Selbstdarstellung Hilfen zum Umgang mit der Mailbox-Technik und einzelne dokumentierte Beiträge aus dem Thule-Netz.

Programmatik: Das Thule-Netz formuliert seine Aufgaben wie folgt: »1) Herstellung und Verfestigung der Kontakte zwischen nationalen Gruppen. 2) Entwicklung einer Datenbank mit Informationen für nationale Aktivisten. Insbesondere soll die Herstellung von national gesinnten Publikationen durch Bereitstellung von Artikeln gefördert werden. 3) Minderung des Verfolgungsdruckes durch das System, indem Kommunikationsmöglichkeiten bereitgestellt werden, die vom System nicht - oder nur mit erheblichen technischen Aufwand - ausgespäht werden können.«[2] In Anlehnung an das ->Thule-Seminar schreibt das Thule-Journal: »Das Thule-Netzwerk geht auf die Idee zurück, zu einer kulturellen Renaissance die intellektuellen sowie ethischen Alternativen zu erarbeiten und zu verbreiten, die unsere Neue Schule zur geistigen, ideologischen und politischen Wiedergeburt Europas einsetzen will. Das Thule-Netzwerk geht auf den Willen zurück, die anthropologischen Wurzeln Europas an seine kulturellen wieder anzuknüpfen sowie die Identität unserer Völker immer wieder zu beteuern (...).«[3]

Bedeutung: Ziel des Thule-Netzes ist die Schaffung sogenannter »befreiter Zonen« im Mailbox-Bereich. »Unter einer “befreiten Zone” verstehen wir einen Freiraum für politische Aktivisten. Wir sind drinnen, der Staat bleibt draußen.«[4] Die Initiatoren behaupten, sie fühlten sich den Ideen der »Neuen Rechten« um das Thule-Seminar besonders verbunden, ein intellektuelles Niveau ist in den Diskussionen allerdings nicht erkennbar. In begrenztem Umfang dürften in diesem Netz konspirative Absprachen stattfinden. (B)

Autoren: Michael Bauerschmidt, Susanne Brandt, Ulli Jentsch, Kurt Ohrowski

Quelle: Mecklenburg, Jens (Hg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus, Berlin 1996, S. 310f

Anmerkungen:

[1] Vgl. Antifaschistisches Autorenkollektiv: Drahtzieher im braunen Netz. Hamburg 1996, S. 206.

[2] Thule-Journal, 1. Ausgabe, S. 3.

[3] Ebenda, S. 1.

[4] Ebenda, S. 3.

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