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Profil: Junge Nationaldemokraten (JN)

 

Junge Nationaldemokraten (JN)

Stand des Artikels: 1996

Gründung: 1967

Sitz: 52223 Stolberg

Bundesgeschäftsstelle: 44 866 Bochum

Zahl der Mitglieder: ca. 300

Funktionäre: Bundesvorsitzender: Holger Apfel; Stellvertretende: Achim Ezer, Jürgen Diestler, Andreas Storr; Beisitzer: Jan Zobel, Steffen Hupka, Andreas Weber, Frank Amberg, Sascha Wagner, Jörg Hähnel, Irina Beikert, Jens Pühse, Klaus Beier[1]

Struktur: Die Jungen Nationaldemokraten (JN) ist die Jugendorganisation der -> Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Anfang der 90er Jahre, mit noch 1.200 Mitgliedern, versucht sich die JN in eine Kaderorganisation zu wandeln. Inaktive Mitglieder werden ausgeschlossen, so daß sie 1991 noch ca. 150 Aktivisten hat. Zu deren Schulung und Ausbildung werden Regionale Arbeitsgruppen (RAG) gebildet, an deren Spitze ein Leitendes Gremium (LG) bewährter JN-Kader steht. Dieses konzipiert und koordiniert richtungsweisende Entscheidungen der JN. Da diese Konzeption in der Mutterpartei auf Ablehnung stößt, ist davon auszugehen, daß die JN ihren offiziellen strukturellen Rahmen einer Gliederung in Landesverbände und Bundesverband beibehalten wird, intern jedoch das Konzept von RAG und LG umsetzt. Schwerpunkte der JN sind in Niedersachsen, in Bayern und Nordrhein-Westfalen.

Aktivitäten: Mit 1.100 Mitgliedern bei ihrer Gründung 1967 sind die Jungen Nationaldemokraten (JN) die größte rechtsextremistische Jugendorganisation der BRD und durchläuft, parallel zur NPD, deren politische Höhen und Tiefen mit. Zahlreiche Kader des Rechtsextremismus und Neofaschismus beginnen hier ihre Laufbahn (-> Meinolf Schönborn, -> Michael Swierczek, -> Michael Kühnen, -> Günter Deckert, -> Manfred Rouhs, -> Siegfried Bublies). Die Anfang der 90er Jahre in eine Kaderstruktur gewandelte Organisation versucht seit einigen Jahren, ihren Niedergang durch spektakuläre Aktionen aufzufangen und sich dabei im neofaschistischen Spektrum, v.a. nach den Partei- und Organisationsverboten, als aktive Organisation anzubieten. Ihre Aktivisten treten mit Propaganda-Aktionen in Erscheinung wie etwa zur Abschlußveranstaltung des Schlesiertreffens 1993 in Nürnberg. Mit Transparenten und Flugblättern erklären sie »Auf Kohl verzichten wir gerne,
auf Schlesien nie.« Ähnlich spektakulär ist ihr Auftritt zur Eröffnung der Richard Wagner-Festspiele 1993 in Bayreuth, als sie den ehemaligen Präsidenten der UdSSR, Michael Gorbatschow, mit Eiern bewerfen. Am 10. Dezember 1994 veranstaltet die JN den 1. Europäischen Kongreß der Jugend, an dem zahlreiche neofaschistische Gruppen aus Europa teilnehmen. 1995 sind die Hauptaktivitäten der JN gegen das Gedenkjahr zur 50jährigen Niederlage des Nationalsozialismus ausgerichtet. Mit einer großangelegten Propagandaaktion nach dem Motto »Niederlage statt Befreiung« unternehmen sie den Versuch, Aufmerksamkeit zu erregen. 1996 koordiniert die JN die Aktivitäten zum Todestag von Rudolf Heß.

Periodika: Die offizielle JN-Zeitschrift Einheit und Kampf entstand 1990 aus der JN-Publikation Junge Stimme. Herausgeber ist ab Oktober 1995 Holger Apfel, die Redaktion zu diesem Zeitpunkt bilden Andre Goertz, Steffen Hupka und Jan Zobel. Die Zeitschrift greift jugendspezifische Themen auf, berichtet über Szene-Neuigkeiten und bringt Interviews mit führenden Personen der neofaschistischen Szene. Das gemeinsame Theorieorgan der JN und des -> Nationaldemoraktischen Hochschulbundes (NHB) ist die -> Vorderste Front (VF). Der Aktivist, ursprünglich Mitteilungsblatt der JN-Franken, erscheint seit 1994 unregelmäßig mit einer Auflage von ca. 200 Stück. Die interne JN-Publikation wird bundesweit an Mitglieder und Aktivisten der Gruppen verschickt und schließt eine publizistische Lücke zwischen der populistisch aufgemachten Einheit und Kampf und dem Theorieblatt VF. Die fraktionsübergreifende, jedoch JN-dominierte Theorieschrift Die Saufeder erschien unregelmäßig von 1991 bis 1995 mit einer Auflage von 200-300 Exemplaren. Sie informierte über organisatorische Konzepte, historische Entwicklungen des Faschismus und über aktuelle Entwicklungen innerhalb der neofaschistischen Bewegung. Herausgeber war bis 1993 Rainer Hatz, sein Nachfolger war Thomas Hetzer.

Programmatik: Die Jungen Nationaldemokraten versuchen, ideologisch einen Abschied vom traditionellen Hitler-Faschismus zu nehmen. Dabei setzen sie auf einen »Dritten Weg«, den sie jenseits von Kapitalismus und Kommunismus ansiedeln und dessen Ziel es sei, »die jahrhundertealten Widersprüche zwischen Klassen und Völkern«[2] zu überwinden. Ausgangspunkt ist ein völkischer Nationalismus, nach dem jedes Individum Teil eines Kollektivs (d.h. »dem Stamm und dem Volk und schließlich der Rasse«[3]) sei. Den Hauptfeind ihres »Dritten Wegs« sieht die JN im Liberalismus.

Zusammenarbeit: Neben der vielfältigen Zusammenarbeit mit Gruppen und Organisationen des rechtsextremistischen und neofaschistischen Spektrums setzt die JN auf eine internationale Zusammenarbeit mit europäischen, sich als nationalrevolutionär verstehende Gruppen. So ist sie verbunden mit den Netzwerken der aktionistisch ausgelegten Front Europeen de Liberation (FEL) und der eher Strategiedebatten vorgebenden Synergies Europeennes um Robert Steuckers. Der Organisationssitz befindet sich auf dem Anwesen von -> Wolfgang Nahrath (Wiking Jugend). Engste Kooperation besteht mit dem -> NHB.

Bedeutung: Die Jungen Nationaldemokraten versuchen, gegenüber ihrer Mutterpartei NPD einen eigenständigen Kurs einzuschlagen. Sie sehen ihre Perspektive in einer straff organisierten Kaderorganisation und verwenden nationalrevolutionäre Floskeln. Die JN versucht, ihren legalen Rahmen den Mitgliedern der verbotenen neofaschistischen Organisationen anzudienen. Mitglieder der verbotenen -> Nationalistischen Front treten der JN bei. (B)

Autoren: Michael Bauerschmidt, Susanne Brandt, Ulli Jentsch, Kurt Ohrowski

Quelle: Mecklenburg, Jens (Hg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus, Berlin 1996, S.279-281

Anmerkungen:

[1] Bundesvorstandswahlen vom 26.5.1996 in Leipzig. Vgl. Widerstand, Nr. 4/1996, S. 21.

[2] Thesenpapiere der Jungen Nationaldemokraten (JN), Februar 1991.

[3] Vorderste Front, Nr. 2/1991.

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