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Profil: Deutsche Geschichte

 

Revisionistische Geschichtsschreibung:

Die Zeitschrift „Deutsche Geschichte“

von Torben Heine und Lea Bergil, aus: Lotta. Antifaschistische Zeitung aus NRW, Nr. 22, Frühjahr 2006, projekte.free.de/lotta

Es genügt ein Blick ins Heftinnere um die revisionistische Ausrichtung des Blattes zu erkennen: „Der 8. Mai wird viele Deutsche immer daran erinnern, daß es nicht nur eine militärische Niederlage war, die ihre Väter und Großväter erlebten. Nein, man hat die Deutschen kollektiv für schuldig erklärt, man hat die Deutschen geächtet und an den Pranger gestellt. Man hat ihren Lebensentwurf kriminalisiert und sie dadurch ihrer Identität und Würde beraubt – bis auf den heutigen Tag“, schreibt der Herausgeber Gert Sudholt im Editorial der Ausgabe 2/2005. Der Nationalsozialismus als „kriminalisierter Lebensentwurf“ der Deutschen? Die Autoren der Zeitschrift bemühen sich nicht ihre Begeisterung für den Nationalsozialismus zu verbergen.

Themenschwerpunkt Geschichtsrevisionismus

Die Umdeutung der Geschichte des Nationalsozialismus hat sich die Zeitschrift zur Hauptaufgabe gemacht. Besondere Bedeutung wird der Leugnung der Kriegsschuld Deutschlands beigemessen. Die wirklichen Verantwortlichen des Zweiten Weltkriegs, so behauptet die Zeitschrift, seien wahlweise der britische Premier Churchill, US-Präsident Roosevelt oder die Sowjetunion, deren Ziel die Vernichtung Deutschlands gewesen sei. Viel Platz nimmt des Weiteren eine deutsche Opfermythologie ein, die Themen wie „Bombenkrieg“ oder „Vertreibung“ beinhaltet. Deutsche Kriegsverbrechen, ob während der Kolonialzeit oder des Zweiten Weltkriegs werden abgestritten und die Behauptungen mit zweifelhaften Quellen zu belegen versucht.
Obwohl sie sich selbst als eine historische Zeitschrift „auf hohen Niveau und mit großer Sachkenntnis“ (Verlagswerbung) betrachtet, fehlen genaue Quellenangaben in der Deutschen Geschichte fast gänzlich. Viele Beiträge erreichen nicht einmal ansatzweise ein "wissenschaftliches Niveau“. Aber es finden sich auch subtile Formen der Geschichtsfälschung und Meinungsmache: Unter dem Vorwand, ein unveröffentlichtes, historisches Dokument zu publizieren, findet sich zum Beispiel in Ausgabe 5/2004 ein von Adolf Eichmann geschriebener Bericht über eine Palästina-Reise.
Nachdem die „Deutsche Geschichte“ 2002 mit der ebenfalls bei Sudholt erscheinenden Zeitschrift Opposition zusammen gelegt wurde, erscheinen vermehrt Kommentare zur Tagespolitik. Zum üblichen Ton der Zeitschrift gehört neben den Klagen über „Überfremdung“ auch der Antisemitismus. Dieser wird allerdings kodiert, so z. B. wenn von den „schmutzigen Geschäften der amerikanischen Ostküste“ die Rede ist.

Der Herausgeber

Die „Deutsche Geschichte“ erscheint im Verlagskomplex des 63-jährigen Gert Sudholt, ansässig in Inning am Ammersee (Bayern), der lange Jahre unter dem Name Verlagsgemeinschaft Berg firmierte. Er umfasst die drei Verlage „Türmer“, „Druffel“ und „Vowinckel“, sowie die „Versandbuchhandlung Linda Sudholt“. Entstanden ist die Verlagsgemeinschaft 1991 durch den Zusammenschluss dieser drei Verlage. Den „Druffel-Verlag“ übernahm Sudholt 1972 nach dem Tode seines Stiefvaters Helmut Sündermann, der seit 1931 Mitarbeiter der Reichspressestelle der NSDAP war und 1945 zum stellvertretenden Reichspressechef aufstieg. 1975 folgte dann der traditionsreichen „Vowinckel-Verlags“ des alten NSDAP-Funktionärs Kurt Vowinckel, 1977 schließlich der Türmer-Verlag.
Sudholts Verlagkomplex gehört zu den größten und wichtigsten der extremen Rechten. Neben der „Deutschen Geschichte“ und einer Vielzahl an Büchern erscheint außerdem seit 1971 das „Jahrbuch des Nationalgeschehens“, die „Deutsche Annalen“ im Verlag. Sudholt selbst ist Autor und Herausgeber zahlreicher geschichtsrevisionistischer Bücher. Seine publizistische Tätigkeit bescherte ihm 1993 sechs Monate Haft, weil er einen Auschwitz-leugnenden Beitrag von Robert Faurisson veröffentlichte. 1999 wurde er wegen Volksverhetzung zu vier Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt.

Redaktionsbeirat

Eine feste Redaktion und einen Chefredakteur besitzt die Zeitschrift nicht mehr. Die Mitarbeiter wechseln von Ausgabe zu Ausgabe. Allerdings leistet sich die „Deutsche Geschichte“ einen wissenschaftlichen Redaktionsbeirat. Ihm gehören einige illustre Gestalten der extremen Rechten an. Einige schreiben selbst immer wieder in der Zeitschrift. Vor allem Hans Meiser ist ein emsiger Schreiber, der neben seiner Tätigkeit bei der „Deutschen Geschichte“ auch auf Buchveröffentlichungen zurückblicken kann.
Ein ebenso aktiver Publizist und eine aufstrebende „Nachwuchskraft“ ist Olaf Rose, der zur Zeit Vorstandsmitglied der „Gesellschaft für freie Publizistik“ (GfP) ist. Für die LOTTA ist Rose ein alter Bekannter: Er verlor seine Anstellung beim Herner Stadtarchiv nachdem seine Tätigkeiten in der extremen Rechten durch LOTTA publik gemacht wurde. (vgl. LOTTA # 12 und #13) Prominentestes Mitglied des Beirats ist der 81-jährige Wjatscheslaw Daschitschew, 1988/1989 war er Deutschlandberater des russsischen Präsidenten Michael Gorbatschow. Nach dem Ende der Sowjetunion begann sein Engagement in der extremen Rechten. Er ist ein gern gesehener Referent, unter anderem bei der GfP und der DVU, auch schreibt er für die „Deutsche National-Zeitung“. Außerdem gehören dem Redaktionsbeirat noch Hansjoachim Koch, Yves Caron und Andreas Molau an.

Organisatorischer Hintergrund - Die Gesellschaft für freie Publizistik

Sündermann, Vowinckel und andere ehemalige Nazi-Funktionäre gründeten 1960 die Gesellschaft für freie Publizistik. Sie sollte extrem rechten Publizisten und Autoren ein Forum zur gemeinsamen Diskussion bieten und entwickelte sich zu dem bedeutendesten Bindeglied der extrem rechten Verlage. Ihre wichtigste Aktivität ist die Organisation eines jährlichen Kongresses, welcher der Strategie- und Theoriediskussion in der extremen Rechten dient. Viele Mitarbeiter der „Deutschen Geschichte“ und natürlich Herausgeber Sudholt sind eng mit der GfP verbunden. Von seinem Stiefvater übernahm er 1975 den Vorsitz. Sudholt stand der Organisation bis 1983, sowie zwischen 1985 und 1991 vor. Zur Zeit ist er ihr stellvertretender Vorsitzender.

Verbindungen zur NPD

Mit dem Einzug der NPD in den sächsischen Landtag wurde die Partei für den kleinen Kreis extrem rechter Theoretiker wieder interessant, warteten doch lukrative Jobs. Viele, die nun als Berater der Landtagsfraktion tätig sind, sind sowohl mit der „Gesellschaft für freie Publizistik“ als auch mit Sudholts Verlagskomplex verbunden.
Einer von ihnen ist der 42-jährige Karl Richter. Er war bis zu ihrer Einstellung Chefredakteur der Zeitschrift „Opposition“, danach wurde er Redaktionsmitglied der „Deutschen Geschichte“. Nun steht er als „zeitgeschichtlicher Berater“ auf der Gehaltsliste der NPD. Auch der ehemalige Chefredakteur Andreas Molau hat eine bewegte (publizistische) Karriere zurückblicken. Der 36-Jährige ist nun „wissenschaftlicher Mitarbeiter für schulpolitische Fragen“ der NPD und in der Redaktion der „Deutschen Stimme“ angestellt. Nachdem er schon als junger Mann für die Deutschen Monatshefte von Gert Sudholt schrieb war er bis zu seinem Rauswurf 1994 vier Jahre lang für das Kulturressort der „Jungen Freiheit“ tätig. 1995 wurde er Chefredakteur der „Deutschen Geschichte“. 2005 wurde er Vorsitzender der GfP. Mit Jürgen W. Gansel war noch ein weiterer bedeutender NPD-Ideologe Chefredakteur der „Deutschen Geschichte“. Herausgeber Sudholt war in den Siebzigern selbst Vorsitzender eines NPD-Kreisverbands, trat später aber aus der Partei aus. Trotz der Verbindungen zur NPD ist das Blatt alles andere als ein Parteiorgan. Im Gegenteil: Es wird sich bemüht seriös und parteipolitisch neutral aufzutreten.

Fazit

Die „Deutsche Geschichte“ ist kein Theorie- und Diskussionsorgan der extremen Rechten, sondern richtet sich an breitere Käuferschichten. Dabei ist ihre politische Ausrichtung eindeutig geschichtsrevisionistisch. Sie betreibt eine den Nationalsozialismus entschuldende oder gar glorifizierende Geschichtsschreibung. Die in der Selbstdarstellung des Verlags genannten „namhaften Autoren“ beschränken sich allerdings auf jene der extremen Rechten. Anders als die „Junge Freiheit“ gelingt es ihr nicht über den Dunstkreis der rechten Szene wahrgenommene Autoren zu gewinnen, anders als die revisionistische „Deutsche Militärzeitung’“ hat sie auch keine namhaften Interviewpartner zu bieten. Trotzdem ist sie in vielen Bahnhofsbuchhandlungen zu erwerben. Somit besteht die Gefahr, dass diese außerhalb des klassischen Rechtsextremismus wahrgenommen wird. Es bleibt zu hoffen, dass sich dies bald ändern wird.


 

Quelle: Lotta. Antifaschistische Zeitung aus NRW, Nr. 22, Frühjahr 2006.

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