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Profil: Die Preußische Gesellschaft Berlin-Brandenburg

 

von Ulli Jentsch/Marco Kuhn

Was wollen die Privatgelehrten und Botschaftsmitarbeiter, die Mittelständler und Stammtischbrüder im Geiste Friedrichs des Großen? Die Preußische Gesellschaft Berlin-Brandenburg strebt seit sechs Jahren nicht weniger an als die "geistige Erneuerung Deutschlands".[1] Ausgangspunkt ist dabei ein Verständnis der deutschen Gesellschaft, in dem sich ultrakonservative Elemente ebenso wiederfinden wie das Gejammer über die fehlende "Nationale Identität".

Auf den Veranstaltungen sowie in der Publikation Preußische Nachrichten von Staats- und Gelehrten Sachen[2] kommen Vertreter unterschiedlicher politischer Ausprägung zu Wort. Dabei ist die Spannweite groß. Sie reicht von rechtskonservativen Monarchisten und Streitern für einen "Freistaat Preußen" bis zu den Befürwortern eines autoritären Neoliberalismus, von Ministerpräsident Matthias Platzeck bis zum rechtsextremen Publizisten Hans-Dietrich Sander (siehe monitor Nr.7).

Einig sind sich die Preußen-Freunde darin, dass es so nicht weiter gehen kann. Es herrsche "Werteverfall und zunehmende Orientierungslosigkeit", die Wirtschaft sei auf Grund der "Globalisierung" "völlig ins Schlepptau multinationaler Konzerne geraten". Verhindert werden soll eine weitere Überfremdung (sic!) auf kulturellem Gebiet, um nicht "Teilen seiner nationalen Identität" beraubt zu werden. Die Medien bedienten "niedere Instinkte", das Erziehungswesen sei bankrott, die Politiker korrupt anstatt Diener des Staates.[3] Rechter Populismus pur.

Ein besonderes Anliegen der Gesellschaft gilt der Förderung der Wirtschaft. Interessant sind hier zwei Argumentationen. Zum einen wird – wie oben - Globalisierung als ein von außen gesteuerter Prozess zu Lasten der einheimischen Wirtschaft interpretiert. Dies korrespondiert mit Tendenzen, einen regionalen Wirtschaftsraum Preußen inklusive polnischer Gebiete zu stärken. Eine Steilvorlage für die Vertriebenenverbände. Hans-Joachim Winter wiederum fordert mehr Autorität in der "liberalisierten Gesellschaft", da ja in der Wirtschaft "der autoritäre Führungsstil die ganz selbstverständliche und erfolgreiche Art und Weise der Leitung ist."[4] Winter, früherer Autor der rechtsextremen Staatsbriefe, fordert daher auch die "Wiedergeburt Deutschlands", deren Notwendigkeit von der »politischen Klasse vehement bestritten« werde.

Neu im Vorstand ist seit Oktober 2002 Fürst Ferdinand von Bismarck, der über Jahre hinweg an der "Ruhestätte" des "Eisernen Kanzlers" in Friedrichsruh "Reichsgründungsfeiern" ahielt. Den Beirat verlassen hat dagegen Wolfgang Venohr, der zuletzt durch die Publikation seiner Jugenderinnerungen im Verlag der Jungen Freiheit auf sich aufmerksam gemacht hatte.


1) Preußische Gesellschaft, Zielsetzungen. In: http://www.preussen.org/page/frame.html.
2) Nach Eigenangaben 10.000 Leser.
3) Volker Tschapke, Neujahrsempfang der Preußischen Gesellschaft. Das Preußenjahr ist vorbei – es lebe Preußen! In: Preußische Nachrichten Nr.50, Februar 2002.
4) Hans-Joachim Winter, Preußens Chancen bestehen im Unzeitgemäßen. In: Preussische Nachrichten, Nr. 53, Mai 02.

 

Quelle: monitor Nr.8, Januar 2003

Die Preußische Gesellschaft

Präsident: Volker Tschapke (Bauunternehmer, Beirat der Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen e.V.)

Beirat: Hans-Jürgen Bartsch (Direktor Dresdner Bank), Heiner Bertram (Präsident des 1.FC Union Berlin), Fürst Ferdinand von Bismarck, Hanan Bracksmajer, Dr. Rainer Glagow (Leiter der Verbindungsstelle Berlin der Hanns-Seidel-Stiftung), Richard Schild (Regierungsdirektor), Regina Seidel (Unternehmerin, Bundesvorstand Verband Deutscher Unternehmerinnen, Förderkreis der Deutschen Oper Berlin), Wolfgang Steinriede (Ex-Chef der Berliner Bankgesellschaft), Dr. Wilfried Vedder u.a.

Autoren in den Preussischen Nachrichten: Arnulf Baring, Erhardt Bödecker (Privatbankier, Betreiber eines Brandenburg-Preußen-Museums in Wustrau), Wolfgang Fürniß (CDU, ehemaliger Wirtschaftsminister des Landes Brandenburg), Werner Gegenbauer (Präsident der Industrie- und Handelskammer Berlin), Peter Gillies (Journalist, Autor in Die Welt, Mitglied der Jury des Ludwig-Erhard-Preises für Wirtschaftspublizistik der gleichnamigen Stiftung), Uwe Greve (CDU, Vorsitzender der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung in der CDU/CSU, Mitbegründer des Bundes der Selbstständigen – Deutscher Gewerbeverband e.V., Vorsitzender des Bismarck-Bundes e.V., Autor in Criticon, Deutschland-Magazin, Zeit-Fragen und Ostpreußenblatt), Dr. Wolfgang Lasars (Referent bei der Jungen Landsmannschaft Ostpreußen, Autor in Junge Freiheit), Jörg Schönbohm, Heimo Schwilk (Autor in Welt am Sonntag, Junge Freiheit, Criticon und Gegengift), Prof. Dr. Wolfgang Stribrny (Mitarbeiter des Zollernkreises und Preußeninstitut e.V., Referent bei der Landsmannschaft Ostpreußen), Dr. Kurt Wernicke, Dr. Eckhart Werthebach.

 

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