Am 25. September 1960 gründete sich die heute „größte
rechtsextreme Kulturvereinigung“ in einem Luxushotel gegenüber
der Frankfurter Buchmesse. In repräsentativem Rahmen beschlossen
rund 80 Personen, darunter Verleger, Publizisten, Autoren und Buchhändler,
sich fortan kollektiv „für eine wahrhaftige deutsche
Geschichtsbetrachtung – insonderheit der jüngeren deutschen
Vergangenheit“ einzusetzen.
Das
Spektrum der weit rechts stehenden, „nationalen“ Verlage
und Zeitschriften war Anfang der 1960er-Jahre noch vielfältig
und wurde geleitet von der Generation, die den Nationalsozialismus
erlebt und überwiegend auch mitgestaltet hatte. Sie vertrieb
jene „wahrhaftige“ Erinnerung, veröffentlicht in
den heldischen Erzählungen deutscher Soldaten oder den „idealistischen
Bekenntnissen der Nazis aus der zweiten Reihe, von denen es nach
„dem Zusammenbruch“ so viele gab. Ein paar Dutzend Verlage
publizierten seit 1945 zusammen vielleicht mehrere Hundert Werke
mit militaristischem und geschichts-revisionistischem Inhalt.
20. Okt. 61 Frankfurt
a.M., Matthaeikirche, Gemeindesaal, Versammlung der Ges. für
freie Publizistik. Hier von links nach rechts: Schriftsteller Peter-Paul
Möbius, Verleger Kurt Vowinckel, Unbekannt.
Gegen die militaristische Literatur war zu jenem Zeitpunkt vor
allem die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende
Schriften (BpjS, heute BpjM) vorgegangen und hatte einige Werke
der Wehrmachts-Helden indiziert. Ein Affront für die „nationale
Publizistik“, der aber auch finanziell schmerzhaft sein konnte.
Das GFP-Präsidium bezeichnete das Vorgehen als „autoritäre
Methoden“, „mißliebige Mahner und Verfechter der
Wahrheit“ sollten „mit unfairen Mitteln mundtot“
gemacht werden. Schon damals jammerte die nationalistische Rechte
von der „geschlossenen Phalanx der herrschenden Meinungsmonopolisten“.
Da die Anträge für die Indizierungen ausschließlich
von SPD-regierten Bundesländern gestellt worden waren, war
für die GründerInnen der GFP die „parteipolitische
Zweckdienlichkeit“ offenbar.
Gründungsphase und Konsolidierung (1960-1964)
Die GFP sollte in diesem Lager die gegenseitige Unterstützung
und das gemeinsame Vorgehen gegen den politischen Trend organisieren.
In der Gründungsphase (1960-1963) standen durchaus nicht die
üblichen, bekannten Personen der extremen Rechten an der Spitze
der GFP. Der Gründungsvorsitzende Fritz Schneider (Verleger
des Fränkischen Anzeigers, Rothenburg/Tauber) galt als moderater
Nationaler ohne jede organisatorische Bindung. Treibende Kraft war
bei der Gründung und dann noch lange Jahre als Geschäftsführer
Werner Hänsler (Schriftleiter, Neustadt a.d.W.), der sich als
„Nationalneutralist“ verstand (bis 1973 im Vorstand,
Herausgeber des Freien Forum bis Ende 1979).
Mit
Kurt Ziesel gehörte dem ersten Vorstand zudem ein ausgesprochener
CDU-Mann an, der stellvertretende Vorsitzende Hermann Schwann war
FDP-Politiker im Bundestag. Eine starke Fraktion kam aus der damaligen
„Deutschen Wochenzeitung (DWZ)“, dem 1959 von Waldemar
Schütz gegründeten Sprachrohr der Deutschen Reichspartei
(DRP). Ebenso einflußreich war der Kreis der Deutschen Kulturgemeinschaft
europäischen Geistes (DkeG) um Herbert Böhme und die Nationalzeitung
von Gerhard Frey. Wie heterogen freilich zu Beginn das Spektrum
war, zeigt sich daran, dass anfangs gar die Förderung „vergessener
jüdischer Dichter“ geplant war. Die Formulierung wurde
erst 1962 aus dem Satzungsentwurf gestrichen.
21. September
1962 Frankfurt a.M., Messehalle, Buchmesse.
Hier Werner Hänsler, Geschäftsführer der GFP. Neustadt
an der Weinstraße
Doch schon als 1963 die GFP in das Vereinsregister eingetragen
wurde, hatten die restaurativen Kräfte um Schütz an Boden
gewonnen. Der deutschnationale Verleger Kurt Vowinckel (Neckargemünd)
hatte den verstorbenen Gründungsvorsitzenden Schneider ersetzt,
zweiter Vorsitzender wurde Klaus Petri (Rechtsanwalt, Lippstadt).
Die beiden Mitglieder demokratischer Parteien, Ziesel und Schwann,
hatten sich zurückgezogen. Trotzdem hatte sich die GFP deutlich
entwickelt, die Zahl der Einzelmitglieder hatte sich auf etwa 400
gesteigert. Hinzu kamen mehrere korporative Mitgliedschaften und
die enge Zusammenarbeit mit Gruppen wie DkeG, den Lippoldsberger
Dichtertagen oder auch dem Schillerbund. Alles in allem ein weites
Feld, um im Sinne der Vereinigung tätig zu werden.
Ihre
erste große Wirkung erzielte die GFP mit der Vergabe des Ulrich-von-Hutten-Preises
an den US-amerikanischen Historiker David L. Hoggan für sein
revisionistisches, die Kriegsschuld Hitler-Deutschlands leugnendes
Werk „Der erzwungene Krieg“. Hoggan wurde vom notorischen
Wigbert Grabert und dessen damaligem „Verlag der Deutschen
Hochschullehrerzeitung“ (in Tübingen) verlegt. 1964 sollte
Hoggan diesen Preis entgegen nehmen, was zu scharfen Kommentaren
aus Presse, Geschichtswissenschaft und Politik führte. Ein
Versammlungsort nach dem anderen wurde der GFP abgesagt, der Bundesinnenminister
Hermann Höcherl (CSU) nannte das Hoggansche Machwerk "unerhörte
Geschichtsklitterung": insgesamt also ein hervorragender Rahmen,
um die Ziele der GFP zu verdeutlichen und ihr selbst gewähltes
„Wächteramt“ in Fragen der Meinungsfreiheit auszuüben.
Mehr öffentliches Interesse als während der Hoggan-Kontroverse
hat die GFP in 50 Jahren nicht erzielt.
13. Okt. 1955 Frankfurter
Buchmesse 1955.
Hier Plesse-Verlag-Inhaber DRP-MdL Waldemar Schütz, Göttingen.
Stagnation 1964-1970
Am Ende des Jahres 1964 gründete sich die Nationaldemokratische
Partei Deutschlands (NPD) als neue Sammlungspartei der NS-nostalgischen
extremen Rechten. Ehemalige Mitglieder der gescheiterten DRP sicherten
sich die Schlüsselpositionen. Für die GFP begann die Stagnation:
Kurt Vowinckel führte zusammen mit Werner Hänsler, der
1965 zweiter Vorsitzender wurde, die GFP bis ins Jahr 1970 hinein.
Beide wollten eine neutrale Linie führen, politische Aktionen
bleiben jahrelang aus. In gemütlicher Regelmäßigkeit
fanden die Jahresversammlungen statt sowie jährlich eine Veranstaltung
zur Frankfurter Buchmesse und eine zu den Lippoldsberger Dichtertagen.
Die GFP arbeitete routiniert und ohne große Erfolge als publizistischer
Fachverband der deutschen Rechten. 1968 lehnte gar Karl Dönitz,
der letzte Oberbefehlshaber der Wehrmacht und letztes Staatsoberhaupt
des Dritten Reiches, den Ulrich-von-Hutten-Preis ab, obwohl er auch
später der GFP durchaus geneigt blieb. Dies führte 1969
zur Neuordnung des Preises: eine Medaille wurde zur Ehrung eines
Lebenswerkes verliehen, sowie ein mit Geld dotierter Förderpreis.
Die Überalterung verdeutlicht die Preisvergabe 1969: posthum
erhielt der 1959 (!) verstorbene Hans Grimm den Hutten-Preis, den
Förderpreis erhielt Altnazi Hans W. Hagen, der vor der Verleihung
verstarb.
Die Ära Sudholt 1971-1991
Die 1970er-Jahre begannen für die GFP mit dem Versuch, den
Vorstand zu verjüngen und so den Bedeutungsverlust aufzuhalten.
Kurt Vowinckel hatte schon seit einiger Zeit aus gesundheitlichen
Gründen sein Amt nicht mehr wahrgenommen. In den Vordergrund
rückte Gert Sudholt, politischer Ziehsohn des GFP-Mitbegründers
Helmut Sündermann (Druffel-Verlag, gest. 1972), der 1969 Mitglied
der Vorstands geworden war. 1970 wählte ihn die Hauptversammlung
zum 2. Vorsitzenden, 1973 zum Vorsitzenden. Ihm zur Seite gestellt
wurde Holle Grimm, die mit den Lippoldsberger Dichtertagen die wichtigste
Zusammenkunft für völkische Literatur leitete.
Die frühen 1970er-Jahre der Bundesrepublik waren auch die
Zeit der ersten sozial-liberalen Koalition und der Ostverträge,
die den massiven und zum Teil militanten Widerstand der extremen
Rechten herausforderte. Von den Protagonisten der 1970 unter Führung
der NPD gegründeten Aktion Widerstand beispielsweise waren
fast alle auch Mitglieder der GFP: Alfred E. Manke, Bernhard Wintzek
(Zeitschrift MUT), Erich Kernmayr, Peter Kleist, Arthur Ehrhardt,
Herbert Böhme. Doch die NPD versank danach in Bedeutungslosigkeit.
1971 hatte der farblose Martin Mußgnug die Spitze der Partei
übernommen, im selben Jahr gründete Gerhard Frey die Deutsche
Volksunion (DVU) als Konkurrenz. Auch in den Reihen der GFP wurden
die internen Kämpfe ausgetragen, so schlug man sich nach dem
Niedergang des DkeG auf die Seite des aktiveren Alfred E. Manke
und dessen Arbeitskreis Volkstreuer Verbände (AVV). Manke wurde
1979 Referent für Vortragswesen in der GFP, für die er
in der Folge Vortragsserien in den neu gegründeten regionalen
Arbeitskreisen organisierte. 1980 bestanden mindestens 12 solcher
Arbeitskreise von Lübeck über Hamburg, Minden und Marburg
bis nach Coburg und München.
Die Amtsübergabe an Sudholt war nicht nur ein Generationswechsel.
In den 1970er-Jahren begann in der nationalistischen Presselandschaft
ein Konzentrationsprozeß. Sudholt selber wurde nacheinander
Leiter des Druffel- und Geschäftsführer des Vowinckel-Verlages,
übernimmt den Türmer- und beteiligt sich am Hohenstaufen-Verlag.
Das Wegsterben der Erlebnisgeneration erforderte auch die Neustrukturierung
des Marktes. Sudholt setzte seine verlegerischen Möglichkeiten
im Rahmen der GFP ein und ermöglichte damit die erhoffte Vitalisierung
– auch zum eigenen Nutzen. Ab 1975 wurden die Jahresversammlungen
ausgebaut zu Kongressen mit wechselnden geschichtspolitischen Themen,
die Dokumentationen wurden vom Nation und Europa Verlag vertrieben,
mit dem Sudholt eng zusammen arbeitete. Die Kongresse waren eine
erfolgreiche Neuerung, von der Dokumentation des 1976er-Kongresses
wurden nach Eigenangaben alleine 12.000 Exemplare verkauft.
Der rechte Flügel der Unionsparteien fing an, aktiver zu
werden und es kam vermehrt zu Kooperationen mit Rechtsaußen.
Die GFP konnte davon profitieren: Hermann Höcherl (CSU), der
noch 1964 die Ehrung Hoggans kritisierte, schickte zur Jahrestagung
1974 ein Grußwort, genauso wie der Präsident der Deutschland-Stiftung,
Fritz Karst. CDU-MdB Hans Wissebach hielt 1976 die Laudatio für
den Huttenpreis-Träger Fritz Münch.
Und ab 1978 konnte die GFP mal wieder einen bekannten Namen aus
dem Ausland präsentieren: der britische Pseudo-Historiker David
Irving begann, im Rahmen von GFP-Vorträgen seine geschichts-revisionistischen
Thesen zu verbreiten. Irving referierte sowohl zu seinem Buch über
Erwin Rommel als auch ab 1979 über das Thema „Hitlers
Weg zum Krieg“. Der Kreis zu den Kriegsschuld-leugnenden Thesen
Hoggans 15 Jahre zuvor war erfolgreich geschlagen.
Die 1990er-Jahre: Kampf gegen Gesetzesverschärfungen
1983 gab Sudholt das Amt des Vorsitzenden an Holle Grimm ab, um
sich seinen inzwischen vielfältigen publizistischen Aktivitäten
widmen zu können. Doch zwei Jahre später kehrte er zurück,
um bis 1991 zu amtieren. Zu diesem Zeitpunkt war Sudholt bereits
wegen eines in seinen Deutschen Monatsheften veröffentlichten
Artikels verurteilt worden. Anlaß war ein Auschwitz leugnender
Artikel von Robert Faurisson. Erst 1993 – nach einer Berufungsverhandlung
– ging Sudholt deshalb in Haft. Sein Nachfolger an der Spitze
der GFP wurde der damalige Mitarbeiter beim Grabert-Verlag Rolf
Kosiek, ihm zur Seite standen Peter Dehoust und Waldemar Schütz,
damals schon 79-jähriger Mitbegründer der Vereinigung.
Die Erweiterung des Paragrafen 130 im Jahr 1994, durch die Holocaust-Leugnung
als Volksverhetzung strafbar wurde, forderte den Widerspruch der
GFP heraus. Auf der Jahresversammlung 1996 wurde eine Erklärung
zur Presse- und Meinungsfreiheit abgegeben, in der die „Sondergesetze
und strafrechtliche Verfolgung (…) wegen begründeter
Äußerungen zu bestimmten Fragen der Zeitgeschichte“
beklagt wurden. Im gleichen Jahr berichtete der Vorsitzende Kosiek
von laufenden bzw. abgeschlossenen Verfahren „gegen unsere
Mitglieder Dehoust, Grabert, Neubauer, Richter, Dr. Sudholt, Symanek,
Walendy“. Durch einen „Werner-Hänsler-Fonds“
sollte die Rechtshilfe für die Mitglieder besser gewährleistet
werden. Ein weiteres Zentrum der GFP-Aktivitäten ist seit den
1990er-Jahren der Verein für Kultur- und Zeitgeschichte –
Archiv der Zeit e.V.
Dehoust wurde 1997 von seinem Adepten Karl Richter abgelöst,
an der Jahresversammlung, angeblich „eine der erfolgreichsten
und harmonischsten“ in der Geschichte der GFP, nahmen weit
über 300 Personen teil. Die GFP beteiligte sich in den späten
1990er-Jahren vor allem an der Entwicklung der Deutschen Liga für
Volk und Heimat (DLVH). Kosiek leitete die GFP bis 2005 und blieb
danach im Vorstand. Seine Ablösung durch Andreas Molau brachte
die junge Generation ans Ruder.
Quelle: Der
Rechte Rand Nr.125 v. Juli/August 2010. |