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Profil: Die Gesellschaft für die Einheit Deutschlands e.V. (GED)

 

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von Marco Kuhn

Die Gesellschaft für die Einheit Deutschlands e.V. (GED) ist eine Organisation, die vor allem durch strikten Anti-Kommunismus vor dem Hintergrund christlicher Irrationalität, gepaart mit revisionistischen wie revanchistischen Positionen von sich Reden macht. Den Zenit ihrer Bedeutung hat die GED deutlich überschritten. Interessant erscheint die honorige Gesellschaft, weil sie das ideologisch gleichgerichtete Handeln ihrer mit unterschiedlichen Professionen ausgestatten Protagonisten zu bündeln sucht, um so als eine schlagkräftige Pressure-Group auftreten zu können. Die Thematisierung der GED ist zugleich auch ein Beitrag zur Geschichte des Gebäudes, in dem sich heute das apabiz befindet. Denn hier hatte die GED für einige Jahre ihr Berliner Büro – in der Wohnung des damaligen Gesellschafts-Präsidenten Dr. Günter Oeltze von Lobenthal.

Gegründet wurde die GED im Jahr 1985, ihr Eintrag ins Berliner Vereinsregister erfolgte drei Jahre später im April 1988. Der Sitz ist in Bonn, wo ihr heutiger Präsident Gerd-Helmut Komossa, ehemals Chef des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), die Geschäftsstelle betreibt. Die Gründung der GED ist im Kontext der Enttäuschung über die im Sinne der Protagonisten zu mäßigen Umsetzung der von Helmut Kohl zu Beginn der 80er-Jahre ausgerufenen „geistig-moralischen Wende“ zu sehen. Erster Adressat ihrer Politik blieb weiterhin CDU und CSU, auf die Druck ausgeübt werden sollte, in den relevanten Politikbereichen offensiver aufzutreten. Die GED zählt so zu einem der vielen tatsächlichen oder auch nur vermeintlichen Think Tanks am rechten Rand der Unionsparteien.[1]

Akteure der GED

Gegründet und geprägt wurde die GED von Militärs, Politikern und Wissenschaftlern, die in ihren jeweiligen Metiers mit dem „Kommunismus“ befasst waren. Zu nennen sind hier beispielsweise der bereits erwähnte Komossa, der in NATO-Strukturen tätig war, der Nürnberger Professor Ekkehard Wagner als Protagonist wissenschaftlicher Ostforschung, die sich vornehmlich mit gesellschaftlichen Themen in den Staaten des Warschauer-Paktes befasste, um darauf im eigenen Militärbündnis reagieren zu können[2] und zuletzt Helmut Bärwald, der als letzter Leiter des 1971 aufgelösten Berliner „Ostbüros“ der SPD fungierte. Die klandestinen Strukturen des Ostbüros dienten zuletzt mehrheitlich sowohl der „Contra-Propaganda“ als auch der Beschaffung von aktuellen Informationen über die DDR.[3] Ursprünglich sollten damit Häftlinge und Flüchtlinge aus der SBZ bzw. DDR betreut werden. Mit der sog. Wiedervereinigung gewann die GED in den neuen Bundesländern weitere Mitglieder mit ähnlichen beruflichen Hintergründen. Zu diesen gehört auch der ehemalige Republikaner Wolfgang Schwarz, der heute für das Nationale Bündnis Dresden e.V. im dortigen Stadtrat sitzt.[4]
Zu den zentralen Aktivitäten der GED zählen die regelmäßig durchgeführten „Deutschland- und Sicherheitspolitischen Tagungen“. Als Referenten aufgetreten sind hier u.a. Günter Rohrmoser oder Otto von Habsburg. Beiträge dieser Veranstaltungen werden außerdem in der GED-eigenen Zeitschrift Forum Deutsche Einheit publiziert. Diese erscheint über den in Lauf bei Nürnberg ansässigen und vom erwähnten Ekkehard Wagner betriebenen Europaforum-Verlag.

Themen

Die Agitation der GED gegen die Sowjetunion bzw. die Warschauer-Pakt-Staaten hatte dabei neben der dominierenden ideologischen Klammer des Anti-Kommunismus gleichzeitig das Bestreben eine Einheit Deutschlands zu erreichen. Die Oder-Neiße-Grenze wird von der GED nach wie vor zur Disposition gestellt. So bezeichnet Komossa es als eine zentrale Motivation zum Dienst als Soldat „für uns Deutsche in der NATO“, die Wiederherstellung Deutschlands in den Grenzen vom 31. Dezember 1937, wie es in vielen Dokumenten der NATO als ihr politisches Ziel wiederholt worden sei, zu erlangen. Verständnislos zeigt er sich weiter, dass die Bundesregierung 1990 und in den Folgejahren geschwiegen und so die Grenzen von 1945 akzeptierte habe.
Ausgehend von der Verneinung der alleinigen Kriegsschuld Deutschlands am Zweiten Weltkrieg – so würden heute die militärischen Anstrengungen der damaligen Gegner und auch die Ausschreitungen gegen Deutsche in Polen immer noch ignoriert[5] - feilt die GED beständig an einer „ehrlichen Darstellung und Bewertung zeitgeschichtlicher Ereignisse“, um so eine „natürliche nationale Identität“ zu erlangen. So hätte es – laut Komossa – ohne den Vertrag von Versailles auch „keinen NS-Staat“ gegeben.[6] Gleichzeitig soll ebenfalls das Bild des „deutschen Soldaten“ wieder aufpoliert werden. Die Wehrmacht sei dem Treiben Hitlers, glaubt man GED-Veröffentlichungen, machtlos gegenüber gestanden und habe ausschließlich ihre Pflicht erfüllt. Insofern ist es wenig verwunderlich, dass die GED und vor allem Komossa geradezu hysterisch gegen die sog. Wehrmachtsausstellung mobil machten.

Fazit

Auch wenn die Themenpalette der GED alle relevanten Motive des rechten Spektrums abdeckt, sollte dies nicht darüber hinweg täuschen, dass sie mit dem Ende des Ost-West-Konfliktes bzw. der damit einhergehenden Wiedervereinigung ihre zentrale Agitationsflächen und damit auch ihre ehemals partiell vorhandene Relevanz verloren hat. Im Kontrast mit dem rot-grünen Nationalisierungsdiskurs, der stets betont, Lehren aus der nationalsozialistischen Vergangenheit gezogen zu haben und sich als „Friedensmacht“ geriert, um so positive Identifikationsfläche zu bieten, wirkt die GED altbacken.

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Mitglieder der GED

waren/ sind (u.a.):
Gerd-Helmut Komossa (Bonn), Dr. Hannes Kaschkat (Würzburg), Bernhard von Diemer (Königstein), Joachim Richter (Görlitz), Heinz Knetsch (Strausberg), Hans Georg Löffler (Straußberg), Valentin Treml (Abtswind), Hans-Arthur Ruppert (Gelsenkirchen), Klaus Hornung (Reutlingen), Ekkehard Wagner (Lauf bei Nürnberg), Dietrich Grille (Nürnberg), Heinrich Körbel (Schwaig bei Nürnberg), Wolfgang Schwarz (Dresden), Carsten Kießwetter (Erfurt), Gernot Schneider (Berlin), Michael Krause (Berlin), Günter Schmidt (Berlin), Ingeborg Brand (Berlin), Karin Aranowski (Berlin), Kurt Meyer (Mühlheim), Jochen Tresselt (Merzig), Olaf Bauer (Rechlin), Roman Sieger (Bonn), Alexander Böker (München), Wolfgang Seiffert (Kiel), Albrecht Jebens (Stuttgart), Botho Kirsch (Köln), Klas Lackschewitz (Herrischried), H. Schlomann (Königswinter), Oskar Lotze (Haibach), Klaus-Joachim Lücken, Werner Maser, Rolf Tetzer, Heinz von Gathen, Wolfhart Kunze, Peter Schade, Erich Baumann, Hans Fritz Gross, Willi Stoessel, Helmut Bärwald (verstorben), Günter Oeltze von Lobenthal (verstorben), Metzner (verstorben).

Außerdem Autoren in Forum Deutsche Einheit:
Lothar Groppe, Otmar Hackel, Peter von Kirchbach, Georg Meyer, Heinz-Dieter Mundorf, Ulrich H.E. Wagner.

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1) Eine organisatorische Nähe besteht u.a. zur „Stimme der Mehrheit“, der die GED als Kooperationspartner zur Seite steht.
2) Vgl. Wagner, Ekkehard: Ideologie und Militärdoktrin in der Sowjetunion, München 1974.
3) S. Buschfort, Wolfgang: Parteien im Kalten Krieg. Die Ostbüros der SPD, CDU und FDP, Berlin 2000.
4) Vgl. http://barrierefrei.dresden.de/?node=23903, gesp. Am 28.08.2005.
5) Komossa, Gerd-Helmut: Ist der Krieg wieder Mittel der Politik, in: Forum Deutsche Einheit, Nr. 2/2003, S. 5 f.
6) Komossa, Gerd-Helmut: Aus Liebe zum Land – Nachdenken über Ostpreußen. Vortrag im Juli 2004 vor der Landsmannschaft Ostpreußen. Veröffentlicht bei SWG-Hamburg.

 

Quelle: Eine gekürzte Fassung erschien zuerst in monitor Nr.22, Oktober 2005

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