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Profil: Jo Conrad
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Conrad, JoStand des Artikels: Mai 2009 Aus gegebenem Anlass, der Gründung des „Fürstentum Germania“ durch Holocaust-LeugnerInnen, EsoterikerInnen und „Reichsbürger“ im Februar 2009, haben wir ein Portrait des daran maßgeblich beteiligten Jo Conrad erstellt. Er repräsentiert wie kaum ein anderer die ganze Bandbreite und den immanenten und expliziten Antisemitismus esoterischer Verschwörungstheorien. Conrad hat mehrere Bücher und Aufsätze veröffentlicht, die sowohl das esoterisch-spirituelle Öko-Gesundheitsspektrum ansprechen als auch die rechte Ufologen- und Neonaziszene. Zudem war er Moderator bei Jan van Helsings „secret.tv“ und ist im Spektrum der „Reichsbürger“ aktiv.
Jo Conrad ist heute einer der wichtigsten ProtagonistInnen der Überschneidungen zwischen esoterischer, verschwörungstheoretischer und neonazistischer Szene. Seine hermetische Weltsicht gibt auf alle komplexen Fragen eine simplifizierende und „ganzheitliche“ Antwort, die in ihrer Rhetorik doch verschwommen bleibt. Assoziativ werden „Zusammenhänge“ aneinandergereiht, so dass Themen aus Esoterik, Politik, Geschichte und Gesundheit auf einmal merkwürdige Gemeinsamkeiten aufweisen. Um ein paar Stichpunkte zu nennen seien neben einem esoterisch-spirituellen Gottverständnis - das er mit parawissenschaftlichen „Erkenntnissen“ u. a. der Quantenphysik verbindet - Verschwörungstheorien zu Geheimgesellschaften, dem Nationalsozialismus, dem Kennedy-Mord, dem 11. September und der Mondlandung genannt, sowie UFOs, Außerirdische, reichsdeutsche Flugscheiben, Wetter- und Gedankenmanipulationen durch Chemtrails[1] und HAARP und verschiedene gesundheitliche Themen. Auf einige dieser Punkte wird im Laufe dieses Artikels genauer eingegangen. Die Zielgruppe dieser thematischen Gemengelage - und bei vielen AnhängerInnen sicherlich auch das eigene Selbstempfinden - ist als eher alternativ und „unpolitisch“ zu beschreiben. Die „westliche“ Rationalitätsgläubigkeit wird kritisiert und einem spiritualistischen Empfinden und „Fragen“ gegenübergestellt. Legitimiert werden die eigenen „Erkenntnisse“ über das „Bewusstwerden der eigenen Göttlichkeit“.[2] Diese Wissenschafts- und Rationalismus-Feindlichkeit, die quasi allen esoterischen Strömungen mehr oder weniger stark zu eigen ist, geht mit der Überhöhung einer angenommenen „natürlichen“ Ordnung, der Konstruktion von Biologismen und einem organizistischen Weltbild einher.[3] Der Untertitel von Jo Conrads „Entwirrungen“ (1996) lautet demnach auch: „Über kosmische Gesetzmäßigkeiten und warum sie uns vorenthalten werden“. Diese Annahme der Vorenthaltung von „Wahrheiten“ schlägt den Bogen in eine offen antisemitische und demokratie-feindliche Ideologie. Die politische Annahme, dass „die da oben“ uns manipulieren, mündet konsequenterweise in der Diffamierung egalitärer Prinzipien, technischen Fortschritts und liberaler Errungenschaften - wie Presse- und Meinungsfreiheit und politische Partizipation – und implizit in der Forderung nach der Abschaffung der Demokratie als Teil der Verschwörung, die Angst und Chaos in die Welt bringt und sie somit beherrschen will. Antisemitisch argumentierende VerschwörungstheoretikerInnen wie Jo Conrad wenden also eine esoterische „Wissenschaftskritik“ auf politik- und geschichtswissenschaftliche Felder an, d.h. sie zweifeln auch historische Tatsachen an, so dass sie nicht selten bei der Holocaust-Leugnung landen. Conrads Theorien speisen sich dementsprechend auch aus einschlägigen Quellen wie dem österreichischen Neonazi und Holocaust-Leugner Gerd Honsik[4] und antisemitischen Ufologen wie David Icke, Armin Risi und Gary Allen.[5] Conrad selbst besteht aus durchschaubaren Gründen darauf, sich zur Faktizität des Holocaust nicht äußern zu wollen oder können, solange es hierzu in der Bundesrepublik rechtliche Einschränkungen gäbe: „Wenn es von Staats wegen verboten wäre, Kritik an Atomkraftwerken zu üben, müssten wir uns zu recht fragen, warum das so ist. Wenn etwas die Wahrheit ist, braucht es nicht vom Staat angeordnet zu werden. Die Wahrheit würde für sich selber stehen, und jeder, der sie anzweifelte, würde sich lächerlich machen. Bei uns ist es verboten zu bezweifeln, daß es denHolocaust in diesem Ausmaß gegeben hat. Das soll hier natürlich nicht geschehen, aber man muß sich fragen, warum Zweifel an etwas verboten sind, das jederzeit beweisbar wäre.“[6] So liefert Conrad ein durchgängig antisemitisches Verschwörungs-Potpourri an esoterischen, spiritualistischen und absurden Ideen wie auch geschichtsrevisionistischen. Im Gegensatz zu anderen antisemitischen und verschwörungstheoretischen AutorInnen der Esoterik-Szene scheut Conrad die Nähe der extremen Rechten immer weniger. Dies belegen nicht zuletzt seine Publikationenin eindeutig neofaschistischen und rechtsextremen Periodika, sein Auftreten auf einer rechtsextremen Kundgebung der sogenannten Reichsbürger in Berlin im Juni 2007 und sein Engagement für das „Fürstentum Germania“. Jo Conrad und sein Lehrmeister
Jahrelang hat Jo Conrad intensiv mit Jan van Helsing (eigentlich: Jan Udo Holey) zusammengearbeitet. Jo Conrad nimmt nicht nur direkt Bezug auf die Bücher „Geheimgesellschaften“ Jan van Helsings[7], die als „durchgängig antisemitische“ Schriften 1996 beschlagnahmt und indiziert wurden, sondern sieht seine eigenen, kaum vorsichtiger formulierten Bücher als angemessenen Ersatz für die gleiche Leserschaft. So schrieb er im Forum des Ewertverlags am 7. Sept. 1999: „Wer sich ärgter, daß er die ‚Geheimgesellschaften’ nicht lesen kann, dem sind meine ‚Entwirrungen’ oder ‚Zusammenhänge’ empfohlen, die auch bei Ewert zu bestellen sind.“ (Rechtschreibfehler nicht korrigiert)[8]. 2006 entstand die gemeinsame CD „Die unerwünschte Wahrheit“, auf der Jan van Helsing Jo Conrad zwei Stunden lang zu ihren Spezialthemen interviewt: Besprochen werden dort Verschwörungstheorien zu UFOs und Außerirdischen, zum 11. September, zu AIDS, Geheimgesellschaften, den Illuminaten, dem Bankensystem sowie der sogenannten Neuen Weltordnung. Einhellig wird die Germanische Neue Medizin Ryke Geerd Hamers (s.u.) gelobt und immer wieder der antisemitische Rekurs auf das negative Bild von dem bösen „Gott des Alten Testamentes“ eingestreut. Die Vorwürfe gegen beide, rechtsextrem zu sein, versuchen sie durch spiritualistisches Gerede von ihren guten Absichten für Friede und „Liebe zur Schöpfung“ zu entkräften. Neuerdings haben aber Conrads jüngste Aktivitäten im Fürstentum Germania der freundschaftlichen Zusammenarbeit der beiden ein Ende gesetzt. Er wurde bei Jan van Helsings Internetsender secret.tv rausgeworfen. Secret.tv zweifelt Conrads „Integrität und Unparteilichkeit“ an[9]. Denn auch wenn sich fast alle Ideen Jo Conrads mit denen Jan van Helsings decken, so ist Conrad wohl mit seinem öffentlichen politische Engagement und seiner Verbandelung mit der Reichsbürger-Szene sogar für Jan van Helsing zu weit gegangen. Antisemitische Weltverschwörungstheorien und Geschichts-verdrehung Conrads Fokussierung auf die Weltverschwörung durch ein globales Bankensystem spiegelt deutlich antisemitische Verschwörungsphantasien wider, die ihren Höhepunkt zur Zeit des Nationalsozialismus erlebten. Auch van Helsing beschreibt in seinen Büchern das Bestreben der sogenannten „Illuminati“, die Weltherrschaft gänzlich an sich zu reißen und die Geldströme auf dem Planeten zu beherrschen. Zu diesem Zweck stürzten diese Verschwörer, an deren Spitze auch van Helsing und Conrad Juden verorten, Nationen in Kriege, um sie danach noch effektiver auszubeuten. Conrad argumentiert in seiner Theorie zu NESARA, einem geheimen Finanz-Projekt, das die Menschheit von Ausbeutung und Manipulation befreien soll, in dieser Linie: Nach Conrads Theorie, die verschiedene Ursprünge hat, findet derzeit ein globaler Machtkampf zwischen Gut (einem Bündnis aus Vertretern von NESARA, den White Knights[10] und anderen „forces“ unter der Führung von Meister Saint Germain, „Lichtarbeitern“ und gutgesinnten Außerirdischen) und Böse (Freimaurerlogen, Geheimdienste, Bush, Cheney und Co, reptilienartige Außerirdische bzw. Mischform zwischen Mensch und Reptil u.v.m.[11]) statt. Der 11. September 2001 wird von Conrad so interpretiert, dass eine von der Bush-Regierung geplante Sprengung zum Einsturz des WTC führte, wodurch die eigentlich geheime Schaltzentrale der White Knights zerstört und die Umsetzung dieser NESARA-„Reform“ im letzten Augenblick verhindert werden konnte.[12] Um die Schuld „der Juden“ an allem – letztendlich auch an dem Zweiten Weltkrieg und damit der Shoah – zu beweisen, bemühen beide Autoren die „Protokolle der Weisen von Zion“. Conrad zitiert seitenlang[13] aus diesem bewiesenermaßen erfundenen antisemitischen Hetz-Werk aus der Zeit der Wende zum 20. Jahrhundert. Insgesamt stünden auch heute hinter dem „geistigen Chaos“ und der „geistige(n) Desorientierung“ Produkte „jüdische(r) Gedanken“, die „jede staatliche Ordnung durch die Schaffung liberaler Demokratien“ zerstören würden[14]. Und diese „Eine-Welt Regierung“ steht unter der Herrschaft der Illuminati.[15] Oder auch direkter: Bei Conrad ist vom negativen Einfluss „von Juden auf ihre Wirtsländer“ die Rede[16] und von ihrem völkermordenden „merkwürdigen Gott Jahwe“.[17] Überhaupt sieht Conrad (wie auch van Helsing) den Glaube an den „Rachegott Jahwe“ mal als satanistisch, mal als rein elitär an. Schlussfolgerung bleibt: Wir sollten zu einer positiveren Gottesvorstellung kommen. Auch wenn er sich vom Christentum abgrenzt, so ist für Conrad doch das Neue Testament wegweisend, weil barmherzig und grundsätzlich voll Liebe. Alle negativen Charakteristika und damit Wertvorstellungen findet er im Gott des Alten Testamentes (dem „Gott der Juden“) personifiziert.[18] Conrads politische Verschwörungstheorien nehmen phantastische Züge an, wenn er – ähnlich wie Jan van Helsing – Außerirdische („Greys“) mit ins Spiel bringt. In Conrads flapsigem Schreibstil heißt es dann: „Auf der Erde tummeln sich eigentlich nur noch ein paar echte Graue. Sie haben es bisher nicht gebacken gekriegt, ihr eigenes Genmaterial mit Hilfe menschlicher Gene wieder so auf Vordermann zu bringen, daß sie sich fortpflanzen können. Außer ihnen gibt es noch eine Menge Grauer, die geklont sind.“[19] „Hinter den Grauen stehen angeblich noch andere Gruppen und selbst hinter denen stehen welche, die nie in Erscheinung treten, aber dennoch Leute haben, die hier 'vor Ort' deren Drecksarbeit erledigen, um die Erde für eine Invasion vorzubereiten.“[20] Und Conrads Idee der guten Gegenspieler erinnert doch sehr an NS-Träumereien, denn für Conrad sind die „geistig fortgeschrittener[en] Aliens“ eine „Rasse von schönen, blonden Wesen“.[21] Conrad sagt: „Also ich bin weder rechts noch links ich bin vorne, also allenfalls vorneextrem. Und wenn ich rechtsextrem wäre, dann würde ich auch dazu stehen. (...) ich bin keine Gefahr für die Demokratie allenfalls eine Gefahr für diejenigen, die etwas zu verbergen haben.“[22] Neben dieser absurden Drohung an „die, die was zu verbergen haben“, rücken ihn aber nicht zuletzt jene seiner Aussagen, die mehr oder weniger offen Deutschlands Schuld am Zweiten Weltkrieg anzweifeln[23] oder die es für legitim verkaufen, Zweifel am Holocaust zu haben, inhaltlich in die Nähe von Neonazis. Auch sollen laut Conrad „während der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse (...) viele Geständnisse aufgrund von Misshandlungen und Falschaussagen von Zeugen zustande gekommen sein.“[24] Die politischen Implikationen hinter dieser Aussage sind wohl offensichtlich. Trotz gegenteiliger Behauptungen drückt er seine Sympathie für den Nationalsozialismus relativ offen aus, zumindest hat er offensichtlich ein gewisses „Verständnis“ für den eliminatorischen Antisemitismus des NS: „Die Nazis legten fest, dass die Juden, die sich auf fremdem, nämlich deutschem, Boden niedergelassen hatten, nicht die gleichen Rechte haben könnten wie Deutsche. Juden erwarten jedoch überall auf der Welt, dass man ihnen eine Vorrangstellung in der Geldwirtschaft, der Politik und den Kirchen einräumt. Nicht nur die Deutschen hatten damit ihre Probleme."[25] Neben solchen antisemitischen Ausfällen hat Conrad auch einen sekundären Antisemitismus kultiviert, der beklagt, dass der Verweis auf den Holocaust als politische Waffe gegen Deutschland benutzt würde. In typischer Diktion verknüpft Conrad eine esoterische Weltansicht mit rechtsextremer Programmatik wenn er klagt: „Wir Deutsche müssen eine ganze Generation nach Hitler noch ‚Trauerarbeit leisten‘, die Vergangenheit bearbeiten und dürfen die - immer wieder propagierte kollektive - Schuld nicht vergessen. Durch diese ständige Beschäftigung mit der Schuld eines Gewaltherrschaftssystems werden wir heute davon abgehalten, uns frei spirituell zu entwickeln. Frohe, liebende Menschen können sich in diesem kollektiven Schuldzustand kaum entwickeln. Vielleicht wollen bestimmte Mächte das so.“[26] Vorstellungen von Krankheit und Gesundheit Auch in Bezug auf Gesundheit vertritt Conrad nicht nur gängige esoterische
Bilder von „Krankheit als Schicksal“ und ganzheitlichem Problem
(Schuld sei der/die Betroffene, weil seine/ihre Psyche erkrankt sei und
die Heilung somit nur über einen persönlichen Lernprozess erfolgen
könne), sondern sieht auch hier eine globale Verschwörung zwischen
Regierungen, Außerirdischen, Pharmaindustrie und Wissenschaft: „Die
Mächte, die unseren Planeten kontrollieren, wollen nicht, daß
wir frei von Angst werden, daß wir unsere Emotionen frei und freudig
ausleben. Deswegen machen sie uns Angst vor der Liebe, indem sie die unselige
AIDS-Propaganda verbreiten.“[27] Desweiteren verteidigt Conrad vehement die Germanische Neue Medizin nach „Dr.“ Ryke Geerd Hamer, der meint, dass alle Krankheiten und insbesondere Krebs rein psychologische Ursachen hätten und somit auch nur psychologisch therapiert werden könnten. Hamer kam u.a. aufgrund des Beinahe-Todesfalles einer jungen Krebspatientin in die Schlagzeilen, weil er die Eltern von einer durchgängigen Chemotherapie abhielt, selbst aber die Schulmedizin für die Krankheit des Mädchens verantwortlich machte. Conrad schrieb am 21.11.2002 einen Leserbrief an die Redaktion des TV-Magazins Report Mainz, die einen kritischen Beitrag zu Hamer gemacht hatte: „Ich mache Sie hiermit persönlich für den Tod von Hunderttausenden von Krebstoten in Deutschland verantwortlich. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, über die Neue Medizin fair zu berichten und damit eine Wende in der Krebsmedizin zu bewirken, in der es seit 20 Jahren nicht die geringsten Verbesserungen gibt.“[29] Auch Hamer äußert sich nicht nur zu Krebs, sondern fühlt sich als Retter[30] („Geschenk“) „speziell meine[r] deutschen Landsleute“, was ihn wiederum zum potenziellen Opfer einer jüdischen Weltverschwörung mache, so dass er „mit einer Exekution durch den Mossad rechnen muß.“[31] Auch personell sind Conrads Berührungsängste zu der extremen Rechten gering. Sein aktuelles Projekt, die Gründung des „Fürstentums Germania“, ist ein als „Kirchenstaat“ angelegter Versuch, einen eigenen autonomen Staat „außerhalb“ der BRD in Krampfer (Brandenburg) zu gründen. Die BRD wird dabei konsequent als „GmbH“ bezeichnet und als nicht legitim anerkannt. In bekannter Manier (mit punktuellen Abweichungen) der rechtsextremen „Kommissarischen Reichsregierungen“, von denen einige ProtagonistInnen auch beim Fürstentum mitmischen, wird behauptet, es gelte die Reichsverfassung von 1871. Derzeit wohnen vielleicht ein Dutzend „BürgerInnen“ des Fürstentums im verfallenen Schloss von Krampfer. Das vor allem über das Internet agierende Projekt hat laut Eigenangaben aber 200-300 Mitglieder, von denen sich am 21. März 2009 immerhin ca. 50 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet einfanden, um den Volksrat zu wählen. [32] Autorin: Eike Sanders Anmerkungen: [1] Vgl. dazu Eike Sanders: Chemtrails: Gift am Himmel. In:
monitor - rundbrief des apabiz e.v. Nr. 29, März 2007, S. 6 © für alle: 2009 antifaschistisches pressearchiv und bildungszentrum berlin e.v. |
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