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Chronologie antisemitischer Vorfälle 2002

 

Chronischer Judenhass
Antisemitische Angriffe und Einstellungen nehmen zu

Das Jahr 2002 hat eine Vielzahl von Debatten über antisemitische Äußerungen erlebt: von Möllemann über Karsli bis zum neuen Buch Martin Walsers.
Im selben Zeitraum ist die Zahl gewalttätiger Angriffe auf Jüdinnen und Juden sowie auf jüdische Einrichtungen weiter gestiegen. Die Botschaft kommt an: die neuesten Umfragen zeigen eine deutliche Zunahme antisemitischer Einstellungen – vor allem im Westen.

Auch heute noch ist der Einfluss der Juden zu groß.« Dieser antisemitischen Stereotype stimmten im April vergangenen Jahres 28 Prozent der befragten Bundesbürger zu. Das erschreckende Detail dabei: Im Westen der Republik stieg die Zustimmung von 14 Prozent im Jahr 1998 auf 31 Prozent – ein vergleichsweise einmaliger Sprung. Gleichzeitig nahm die Zahl antisemitischer Angriffe im vergangenen Jahr weiter zu: Im ersten Quartal 2002 stehen 127 Vorfälle zu Buche, im zweiten Quartal schon 319. Insgesamt weist die offizielle Statistik 1.257 antisemitische Straftaten aus. Auch in Berlin wurden nach inoffiziellen Angaben der Polizei im vergangenen Jahr mehr als 100 antisemitische Delikte registriert. Dabei sind zwei Aspekte auffällig: zum einen die erneute Verwendung von Sprengstoff, zum anderen die regionalen Serien in Nordbrandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.

Am 16. März 2002 verübten unbekannte Täter einen Sprengstoff-Anschlag auf den jüdischen Friedhof in Berlin-Charlottenburg. Nennenswerte Ermittlungsergebnisse der Polizei hierzu gibt es nicht. Nur einen Verdächtigen konnte die Polizei schon nach kurzer Zeit ausschließen: Ekkehard Weil, Hauptverdächtiger eines Sprengstoff-Anschlags vom Dezember 1998, saß nach Angaben der Ermittlungsbehörden zur Tatzeit in Haft.

In Nordbrandenburg und Mecklenburg-Vorpommern kam es Anfang und Ende des Jahres zu auffälligen Serien antisemitischer Schändungen. So wurden am Wochenende des 23./24. Februar drei Gedenkstätten in Mecklenburg-Vorpommern schwer beschädigt. Die unbekannten Täter hinterließen in allen Fällen Schweineköpfe. Im September wurde das Museum und die Gedenkstätte für die Opfer des Todesmarsches im Belower Wald durch einen Brandanschlag zerstört. Es folgen Schändungen in Grevesmühlen, Bützow und Fürstenberg. Gedenkstättenleiter Günter Morsch: "Die Häufung bestimmter Formen rechtsradikal-motivierter Delikte in diesem Jahr lässt uns befürchten, dass zumindest einige der rechtsextremistischen Anschläge längerfristig geplant waren oder vielleicht sogar in einem Zusammenhang stehen."

Im November wurden an drei Orten in Uecker-Randow volksverhetzende Transparente gefunden. An einer Straßenbrücke in Torgelow stand »Erwehrt euch der jüdischen Weltpest«. Am jüdischen Denkmal in Löcknitz hing die Parole »Stoppt das Finanzjudentum«. Vor dem jüdischen Friedhof in Ueckermünde rief ein weiteres Transparent zum Kampf gegen die "jüdische Weltbolschewisierung" auf. Am 17. November wurde ein Mahnmal für Opfer des KZ Sachsenhausen in Leegebruch zerstört. Es erinnerte an Zwangsarbeiter der Heinkel-Werke in Leegebruch.

Ulli Jentsch

Quelle: Monitor Nr. 10 (Mai 2003) (pdf, 102kb)

Januar

  • 11.01., Berlin: Hakenkreuze und Juden-Raus-Parolen in Niederschönhausen und Pankow geschmiert.
    Junge Welt v. 12.01.2002
  • 12.01., Mannheim: Anklage wegen Volksverhetzung gegen Günter Deckert, ehemaliger NPD-Vorsitzender, erhoben. Er habe antisemitisches Gedankengut in einer Strafanzeige gegen den Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde geäußert.
    Neues Deutschland v. 12.01.2002
  • 13.01., Nürnberg: Bei einer 'Prunksitzung' der Nürnberger Faschingsgesellschaften hat Heinz Haffki in einer Rede 'Witze' über Juden und Homosexuelle gemacht. Für den Nürnberger Fußballclub verlangte er „jüdische Stürmer“: „Die dürfen nämlich nicht verfolgt werden.“
    Nürnberger Nachrichten v. 14.01.2002
  • 15.01., Düsseldorf: Bei einem Gänseessen der Deutschen Bank leugnete ein 71-jähriger Rechtsanwalt den Holocaust und bezichtigte Paul Spiegel, Antisemitismus zu schüren. Dazu beginnt ein Prozess in Düsseldorf.
    Frankfurter Rundschau v. 15.01.2002
  • 19.01., Nürnberg: Die Polizei hat Samstagmorgen vier Nazis festgenommen, die in einer Kneipe 'Sieg Heil' gerufen haben. Außerdem wurde Musik mit antisemitischen Texten gespielt.
    Nürnberger Nachrichten v. 21.01.2002
  • 21.01., Rotenburg/Wümme: Mitglieder des städtischen Heimatbundes verhöhnen jüdische NS-Opfer: diese hätten freiwillig die Stadt verlassen.
    Neues Deutschland v. 21.01.2002
  • 31.01., Berlin-Tiergarten: Ein 30x30cm großen Hakenkreuz wurde auf das jüdische Mahnmal auf der Putlitzbrücke geschmiert.
    Neues Deutschland v. 01.02.2002

Februar

  • Berlin: Ein 25-Jähriger wird in einer voll besetzten S-Bahn mit einer Bierflasche angegriffen. Er war eingeschritten, als eine Horde betrunkener Neonazis antisemitische Parolen grölte und zwei Frauen anpöbelte.
    Tagesspiegel v. 05.06.2002
  • 09.02., Nürnberg: In einem Hetzflugblatt, das von einem „Komitee zur Rehabilitierung des Frankenführers Julius Streicher“ unterschrieben ist, werden der Vorsitzende der Isrealitischen Kultusgemeinde und SPD-Stadtrats-Kandidat antisemitisch und rassistisch beleidigt. Das Komitee ruft dazu auf, die NPD-Tarnliste 'Bürgerinitiative Ausländerstopp' zu wählen.
    Nürnberger Nachrichten v. 15.02.2002
  • 15.02., Kempten: Das OLG München hat einen Freispruch wegen des Begriffs 'Zigeunerjude' aufgehoben, da er nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt sei. Der ehemalige Kreisvorsitzende der REP in Kempten, Hermann Reichertz, hatte mit dem Begriff Michel Friedmann beleidigt. S.a. 4.6.2002.
    u.a. taz v. 16.02.2002
  • 18.02., New York: G., deutscher Mitarbeiter der UNO in NY, hat die Wohnungstür seiner Nachbarn dreimal angezündet und außerdem antisemitische Sprüche geschmiert. Dafür steht er jetzt vor Gericht.
    Spiegel v. 18.02.2002
  • 20.02., Baden-Württemberg: Ein Polizeiobermeister war unter dem falschen Namen 'Axel Reichert' über Jahre in der rechten Szene aktiv gewesen, vor allem in der 'Kameradschaft Karlsruhe'. Dort hatte er in einer Rede den 'Kampf gegen das Weltjudentum' propagiert. Der VS-Informant Udo Holtmann war Verantwortlicher für das NPD-Wahlplakat 'Den Holocaust hat es nie gegeben'. Der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft in Baden-Württemberg vermutet, dass VS-Informanten auch Reden für NPD-Kundgebungen geschrieben haben.
    Tagesspiegel, taz v. 21.02.2002
  • 23./24.02., Boizenburg Wöbbelin Raben-Steinfeld: Unbekannte haben am Wochenende in Mecklenburg-Vorpommern drei Gedenkstätten schwer beschädigt. Zudem hinterließen die Täter jeweils abgetrennte Schweineköpfe. In Wöbbelin wurde ein Relief zerstört, in Boizenburg wurde der jüdische Friedhof und in Raben-Steinfeld ein Mahnmal für KZ-Opfer geschändet.
    Neues Deutschland v. 28.02.2002, v. 01.03.2002, Süddeutsche Zeitung v. 19.03.2002

März

  • 07.03., Rostock: Wegen der Schändung eines jüdischen Friedhofs am 7.3. ermittelt die Polizei gegen vier Personen. Sie werden auch verdächtigt, am 15.3.02. in der Innenstadt geschmiert haben.
    Neues Deutschland v. 08.03.2002; Tagesspiegel v. 19.03.2002
  • 13.03., Berlin-Mitte: Eine jüdische Gedenktafel in Berlin-Mitte wurde mit Hakenkreuz beschmiert. Außerdem Nazi-Schmierereien an S-Bahn-Brücke.
    Berliner Zeitung v. 14.03.2002
  • 16.03., Berlin-Charlottenburg: Bombenanschlag auf den Jüdischen Friedhof in Berlin-Charlottenburg. Am Samstag morgen bereits Schändung eines sowjetischen Mahnmals in Berlin-Marzahn. Das LKA bildet eine Expertenkommission und befragt am 19.3.02. führende Mitglieder der rechten Szene Berlins. Ekkehard Weil, Hauptverdächtiger des Anschlages vom Dezember 1998, sitzt seit Oktober 2000 in Haft. Die Sicherheitsvorkehrungen an jüdischen Einrichtungen wurden verstärkt. Von den 445 Delikten von rechts 2001 waren 106 antisemitisch motiviert (2000: 56).
    Tagesspiegel v. 17.03.2002, v. 19.03.2002, v. 18.03.2002, taz v. 19.03.2002, Berliner Zeitung v. 20.03.2002, Neues Deutschland v. 03.04.2002
  • 19.03., Hennigsdorf: Zwei polizeibekannte, 17 und 20 Jahre alte Jugendliche grölten antisemitische Parolen in Hennigsdorf.
    Neues Deutschland, taz v. 20.03.2002

April

  • Herford: Im ostwestfälischen Herford ist eine Synagoge geschändet worden. Eine Wand wurde mit einer antisemitischen Parole beschmiert.
    Berliner Morgenpost v. 18.04.2002
  • Nach Angaben des Zentralrats der Juden in Deutschland haben in letzter Zeit Droh- und Schmähbriefe rapide zugenommen. Auch der Jüdische Kulturverein Berlin bekam in den vergangenen Wochen vermehrt hasserfüllte Drohbriefe.
    Taz v. 22.04.2002
  • Berlin: Der Nahostkonflikt schürt Angst und Aggression an Berlins Schulen. Bis jetzt gab es 21 Vorfälle. Letztes Jahr 50.
    Tagesspiegel v. 12.04.2002
  • Berlin: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen jüdischen Journalisten, da dieser nach einer Reportage über Nazis rechtsextremes Material in seiner Wohnung hatte. Die durchsuchenden Beamten ließen antisemitische Sprüche hören.
    Tagesspiegel v. 02.04.2002
  • Berlin: Militante linke Palästina-Sympathisanten überfallen Pro-Israel-Veranstaltung mit Messern und Steinen. Die Täter können entkommen.
    Taz v. 12.04.2002
  • Berlin: Das Berliner Abgeordnetenhaus hat sich in einer Erklärung gegen Antisemitismus ausgesprochen. Grund dafür waren die jüngsten Übergriffe auf Juden in Berlin.
    Taz v. 19.04.2002
  • 09./10.04., Ahlem: Unbekannte schänden ein KZ-Mahnmal mit Plakaten und Parolen. Siehe auch 21.06.2002.
    Hannoversche Allgemeine v. 27.05.2002
  • 14.04., Berlin-Kreuzberg: Jüdische Familie in Kreuzberg bedroht.
    Jungle World v. 24.04.2002
  • 14.04., Berlin-Pankow: Parole in Pankower Hinterhof: 'Tötet die Juden'.
    Jungle World v. 24.04.2002
  • 14.04., Berlin-Neukölln: Zwei jüdische Frauen wurden in einer U-Bahn in Neukölln von zwei Männern angegriffen. Einer der beiden Männer riss einer Frau einen Davidstern-Anhänger vom Hals und schlug ihr ins Gesicht. Dies war der zweite bekannt gewordene antisemitische Angriff innerhalb kurzer Zeit in Berlin. An Ostern wurden zwei orthodoxe Juden auf dem Ku-Damm angegriffen.
    Tagesspiegel v. 16.04.2002
  • 28.04., Berlin: Auf die Synagoge in Berlin-Kreuzberg wurde ein Brandanschlag verübt. Da der Brandsatz auf dem Rasen davor landete, entstand kein großer Sachschaden.
    Taz v. 30.04.2002

Mai

  • Kaufering: Ein KZ-Außenlager von Dachau und ein jüdischer Friedhof in der Nähe Münchens wurden geschändet. Laut taz war das Außenlager in Kaufering.
    Neues Deutschland v. 04.05.2002
  • 10.05., Berlin-Mitte: Das jüdische Krankenhaus in Berlin-Mitte ist von Unbekannten verwüstet worden.
    Taz v. 13.05.2002, Junge Welt v. 14.05.2002
  • 13.05., BRD: In den ersten drei Monaten des Jahres 2002 wurden 127 antisemitische Vorfälle registriert, darunter zwei Körperverletzungen, eine Brandstiftung, zwei Widerstandsdelikte. In 77 Fällen handelt es sich um Volksverhetzung. Die meisten Vorfälle gab es in Bayern.
    Taz v. 13.05.2002
  • 28.05., Berlin-Tiergarten: Ein betrunkener Mann hat am Mahnmal in der Levetzowstraße neun Abdeckplatten abgerissen. Festnahme.
    Neues Deutschland v. 29.05.2002

Juni

  • Düsseldorf: Beuys Witwe klagt gegen Autor, der Beuys als Antisemiten darstellt hatte. Beuys hatte 1976 für die AUD kandidiert.
    Frankfurter Rundschau v. 21.06.2002
  • Hamburg: Norbert Steinbach, Kontaktperson der Schill-Partei für Hessen, sieht die Partei von zionistischen Freunden unterwandert.
    Junge Welt v. 22.06.2002
  • Antisemitismus in Deutschland nimmt zu. Laut einer Studie des Sigmund-Freud-Instituts in Frankfurt/Main stimmen 36% in West und Ost der Aussage zu: "Ich kann gut verstehen, dass manchen Leuten Juden unangenehm sind."
    Neues Deutschland v. 15.06.2002
  • Albrecht Jebens ist CDU-Mitglied und Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Freie Publizistik. Diese wird vom Verfassungsschutz als „bedeutendste rechtsextremistische Kulturvereinigung“ bezeichnet. Der Verein ist durch seine Hetze gegen Juden und Verharmlosung des Holocaust bekannt.
    Panorama (ARD) v. 06.06.2002
  • 04.06., Kempten: Reichertz, ex-REP, wurde zu 3000 Euro Geldstrafe verurteilt, weil er Michel Friedmann als 'Zigeunerjude' bezeichnet hatte. Vor einem Jahr wurde er noch freigesprochen. Das OLG München hob den erstinstanzlichen Freispruch auf. Siehe 02.2002.
    Taz v. 05.06.2002
  • 05.06., Wendisch: Evern Die Inschrift eines Gedenksteins, der an das Ende des Zweiten Weltkrieges am 4. Mai 1945 erinnert, wurde von Unbekannte schwer beschädigt. Das Mahnmal war schon mehrfach beschmiert und entwendet worden.
    Landeszeitung v. 05.06.2002
  • 10.06., Berlin-Wilmersdorf: Seit einem Jahrzehnt verhindern Anwohner und konservative Politiker in Berlin-Wilmersdorf, dass der Seebergsteig umbenannt wird. Der Theologe Reinhold Seeberg stellte sich 1933 hinter das Naziregime. Seeberg war erklärter Antisemit. »Juden und deren arische Helfershelfer« waren für ihn »Feind jeder wirklichen Kultur«. Ein Großteil der Eigenheimbesitzer lief dagegen Sturm und wurde dabei von der Wilmersdorfer CDU unterstützt.
    Junge Welt v. 11.06.2002
  • 12.06., Bayreuth: Wegen wiederholter antisemitischer Hetzanrufe bei der israelitischen Gemeinde wurde ein Mann zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
    Nordbayerischer Kurier v. 13.06.2002
  • 18.06., Jülich: Hakenkreuze und Runen auf Zufahrt zu jüdischem Friedhof geschmiert.
    Jungle World v. 03.07.2002
  • Flossenbürg: In der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg haben Unbekannte Erinnerungsschleifen verbrannt, im Sektionsraum Gedenktafeln aus der Verankerung gerissen, antisemitische Parolen an die Wände gemalt und Gedenksteine verschmiert.
    Der neue Tag v. 19.06.2002
  • Auf der Homepage des Astrologen Martin Schmid sind antisemitische Kommentare zu lesen: "Eine Handvoll Juden bestimmt bei uns, was die Politiker tun, was die Zeitungen drucken und Fernsehen und Rundfunk berichten. Alle ducken sich unterwürfig und sind bereit, notfalls in jeden Hintern zu kriechen." Der Astrologe ist beim Privatsender B.TV beschäftigt.
    Junge Welt v. 18.06.2002
  • 21.06., Seelze: Die Polizei hat drei Männer und eine Frau im Alter von 16 bis 24 Jahren festgenommen, die im April das KZ-Mahnmal in Ahlem geschändet haben sollen. Wie vermutet, handelt es sich um rechtsradikale Täter, von denen sich zwei mit dieser Schändung in der Szene etablieren wollten. Sie hatten gezielt den Tag ausgesucht, an dem ein Gedenkgottesdienst für die Opfer des KZ-Außenlagers stattfand.
    Hannoversche Allgemeine v. 21.06.2002
  • 21.06., München: In München wurden Plakate des bayerischen Landeschef und Münchner Spitzenkandidaten der Grünen mit 'Jude' beschmiert. Der Grünen-Kandidat macht Jürgen Möllemann mit seinen antisemitischen Äußerungen dafür mit verantwortlich.
    Süddeutsche Zeitung v. 22.06.2002
  • 28.06., Berlin: Bundestag legt Antrag zur Ächtung von Antisemitismus vor. Union und FDP enthielten sich der Stimmen.
    Süddeutsche Zeitung v. 29.06.2002

Juli

  • Zitat: 'Michel Friedman verfolgt die Strategie, das ethnisch-kulturelle Immunsystem des deutschen Gastgebervolkes zu schwächen'.
    Deutsche Stimme v. 07.2002
  • Die Zahl antisemitischer Straftaten ist im zweiten Quartal 2002 drastisch angestiegen. Die Polizei registrierte von Anfang April bis Ende Juni 319 antisemitische Straftaten.
    Neues Deutschland v. 30.07.2002
  • 01.07., Berlin-Prenzlauer Berg: Wegen antisemitischer Parolen ist ein 33-Jähriger aus Bohnsdorf vor der Synagoge in der Rykestraße festgenommen worden. Gegen ihn und einen Kumpan wird unter anderem wegen Volksverhetzung und Beleidigung ermittelt.
    Tagesspiegel v. 02.07.2002
  • 02.07., Strasburg: Nach der Schändung des jüdischen Friedhofs in Strasburg (Ostvorpommern) fehlt von den Tätern jede Spur. Die am Freitag angezeigte Tat erfolgte bereits "in den vergangenen drei Wochen", so die Polizei. Ein Friedhofsverwalter hatte elf umgestürzte Grabsteine vorgefunden.
    Taz v. 02.07.2002
  • 20.07., Zittau: Gegen 30 Mitglieder der Nationalen Jugend-Bund (NJB) in Zittau wird wegen Verdachtes auf Verstoß gegen das Waffengesetz und Volksverhetzung ermittelt. Anlass ist eine Razzia am 27.07.., wo Waffen gefunden wurden. Schon eine Woche zuvor stürmten 150 Polizisten eine Party im Haus, da antisemitische, rassistische und neonazistische Parolen skandiert wurden.
    Dpa v. 05.08.2002

August

  • Fürth: Ein ehemaliger Lehrer aus Fürth ist vom Oberlandesgericht Nürnberg in letzter Instanz wegen Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu drei Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden.
    Afp v. 19.08.2002
  • Ephraim Kishon wirft Norbert Blüm vor 'in der Sprache von Goebbels' zu reden. Blüm hatte geäußert, dass 'Israel einen hemmungslosen Vernichtungskrieg gegen Palästina' führen würde.
    Junge Welt v. 22.08.2002
  • Halle: Im Gästebuch der Internetseite eines Mitarbeiters der Uni Halle tauchen antisemitische Äußerungen und links zu einschlägiger Literatur auf. Hermann Schüttler will die Einträge jedoch nicht löschen.
    Mitteldeutsche Zeitung v. 04.08.2002
  • 02.08., München: Mario S., Sprecher der Münchner Burschenschaft „Elektra Teplitz“ und Oberstleutnant der Bundeswehr, wurde wegen revisionistischer und antisemitischer Äußerungen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
    Süddeutsche Zeitung v. 03.08.2002
  • 02.08., Lingen: Jüdischer Friedhof wurde geschändet, sieben Grabsteine wurden umgeworfen oder beschädigt.
    Neue Osnabrücker Zeitung v. 03.08.2002
  • 07.08., Bamberg: Zum zweiten Mal jährt sich am 7. August der versuchte Anschlag auf das Grundstück einer Bamberger Familie in der Wildensorger Straße 11a. Das Ermittlungsverfahren ist seit Mai 2002 eingestellt worden, nachdem es keine Anhaltspunkte auf Täter erbracht hat.
    Fränkischer Tag v. 07.08.2002
  • 08.08., Velbert: Drei Jahre nach der Schändung des jüdischen Friedhofs in Velbert konnten jetzt mit Hilfe einer Genanalyse drei 19jährige und ein 21jähriger Ex-Neonazi als Täter festgestellt werden.
    Taz v. 08.08.2002
  • 15.08., Berlin: Die Zahl antisemitischer Straftaten in Berlin ist von 56 im Jahr 2000 auf 105 im Jahr 2001 gestiegen.
    Neues Deutschland v. 15.08.2002
  • 16.08., Berlin: Die Polizei hat am Freitagnachmittag im Jüdischen Museum ein verdächtiges Päckchen gesprengt. In dem Paket hatten die Beamten Sprengstoff vermutet. Wie sich jedoch herausstellte, erwies sich der Verdacht als falsch. Das Museum sowie drei angrenzende Wohnhäuser wurden für eine Stunde evakuiert. Das Paket mit iranischem Absender war in der Poststelle des Museums aufgetaucht.
    Berliner Zeitung v. 17.08.2002
  • 27.08., Nordrhein-Westfalen: NRW-Innenminister Behrens hatte vom VS eine Aufstellung über den Beifall der extremen Rechten für Möllemanns Aussagen machen lassen. Die NRW-FDP ist entrüstet. NPD und REP begrüßten Möllemanns Aussagen. Die Bürgerbewegung Pro Köln e.V. rief zur Wahl von Möllemann auf.
    Frankfurter Rundschau v. 28.08.2002

September

  • München: In München wurde ein 55jähriger Gastwirt wegen Volksverhetzung zu 6 Monaten Haft auf Bewährung und 2500 Euro Geldstrafe verurteilt. Er hatte der Enkelin des ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Rabin den Zutritt zu seinem Lokal mit den Worten "Euch Juden mache ich die Tür nicht auf" verwehrt.
    Süddeutsche Zeitung v. 03.09.2002
  • Frankfurt/Main: Zu einer Aussprache über antisemitische Ausfälle im Frankfurter Amateurfussball kamen von 90 eingeladenen Vereinen nur der jüdische Klub Makkabi. Dessen Spieler werden immer häufiger mit antisemitischen Sprüchen beschimpft.
    Frankfurter Rundschau v. 12.09.2002
  • Ebersburg: 38 Grabsteine auf jüdischem Friedhof umgeworfen.
    Frankfurter Rundschau v. 06.09.2002
  • Im Westen nimmt der Antisemitismus deutlich zu, während er im Osten kaum verbreitet ist. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie des Politologen Oskar Niedermeyer. Der Aussage: „Auch heute noch ist der Einfluss der Juden zu groß“ stimmten 33 % der Westdeutschen ohne Abitur und 17 % der mit Abitur zu.
    Neues Deutschland v. 06.09.2002
  • Syke: Die Stadt Syke will kein Geld für die Wiederherstellung des zerstörten jüdischen Friedhofs geben.
    Weser-Kurier v. 06.09.2002
  • 05.09., Verden: Ein ehemaliger Wehrmachtsoffizier wurde in zweiter Instanz freigesprochen. Er hatte geschrieben, Paul Spiegel habe 'als Jude nicht über Lebensfragen der Deutschen zu befinden' und sei Vorsitzender einer 'fremdvölkischen Minderheit'.
    Neues Deutschland v. 06.09.2002
  • 05.09., Below: Museum und Gedenkstätte für Todesmarsch im Belower Wald durch Brandanschlag zerstört, Hakenkreuz und SS-Runen wurden hinterlassen. Zwei Tage später nimmt die Polizei drei Brüder aus Wittstock vorläufig fest. u.a.
    Tagesspiegel v. 06.09.2002
  • 06.09., Grevesmühlen: Hakenkreuz auf Gedenkstein für ehemaligen jüdischen Friedhof geschmiert.
    u.a. Ostsee-Zeitung v. 07.09.2002
  • 07.09., Bützow: Unbekannte haben am Sonnabend den jüdischen Friedhof in Bützow (Kreis Güstrow) geschändet. Wie die Polizei mitteilte, wurden zehn Grabsteine umgestoßen und mit einem Vorschlaghammer teilweise zerstört. Zudem wurden auf die Grabsteine mit roter Signalfarbe große Nazi-Symbole gesprüht. Von den Tätern fehle jede Spur.
    Schweriner Volkszeitung v. 09.09.2002
  • 11.09., Fürstenberg: Unbekannte haben einen Davidstern in Wand geritzt.
    Neues Deutschland v. 12.09.2002
  • 14.09., Potsdam: Die NPD hält mit 70 Teilnehmern eine Kundgebung unter dem Motto "Schluss mit der Masseneinwanderung russischer Juden, Deutschland uns Deutschen" ab. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Frankfurt (Oder) hatte das vom Polizeipräsidium wegen Volksverhetzung erlassene Verbot aufgehoben.
    u.a. Berliner Zeitung v. 16.09.2002
  • 19.09., Regensburg: In Regensburg verwüsteten Unbekannte einen jüdischen Friedhof.
    Taz v. 21.09.2002

Oktober

  • Berlin: Die Bezirksverordneten in Berlin-Steglitz können sich nicht zu einer Umbenennung der Treitschke-Strasse durchringen. Der deutsche Historiker war glühender Antisemit.
    Tagesspiegel v. 08.10.2002
  • 23.10., Negast: Ein 17-Jähriger hat rechtsextreme Schmierereien gestanden. Er war zuvor schon wegen ähnlicher Delikte aufgefallen. Der Täter hatte Hakenkreuze, antisemitische Parolen und Nazi-Symbole gesprayt.
    Schweriner Volkszeitung v. 23.10.2002

November

  • Die Ergebnisse einer Studie von Wilhelm Heitmeyer zeigen wachsende autoritäre Aggression. Rund 12 % in Ost und West sind demnach antisemitisch eingestellt.
    Taz v. 08.11.2002
  • 01.11., Bremen: Wegen Volksverhetzung und Verwendung verfassungswidriger Symbole hat das Landgericht Bremen den NPD-Landeschef Jörg-Hendrik Wrieden zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Außerdem muss er 120 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Wrieden hatte eine Presseerklärung der später verbotenen Neonazi-Organisation “Blood & Honour” verbreitet, in der indirekt zu Gewalt gegen Polizisten aufgerufen wurde. Zudem fanden die Ermittler in seiner Wohnung Dateien mit Hakenkreuzen und über 300 “Witzen” gegen Juden und Ausländer.
    Tagesspiegel v. 01.11.2002
  • 01.11., Berlin-Spandau: Der Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Alexander Brenner, wurde bei Straßenumbenennung in Spandau antisemitisch beschimpft. Wegen der Vorfälle sucht die Polizei Zeugen. Polizisten, die vor Ort waren, können Brenners Vorwürfe nicht bestätigen. Innensenator und Polizei haben keinen Zweifel an volksverhetzenden Äußerungen bei Straßenumbenennung.
    Diverse
  • 07.11., Bochum: Gedenktafel für ehemalige Synagoge geschändet.
    Neues Deutschland v. 08.11.2002
  • 08.11., Sachsenhausen: Ein 23-Jähriger hat in ein Besucherbuch der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen ein Hakenkreuz geschmiert. Die Polizei habe noch auf dem KZ-Gelände zwei Männer und zwei Frauen im Alter von 20 bis 23 Jahren aus Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern festgenommen. Der Mann habe die Tat gestanden. Auf seiner Jacke war laut Polizei ein verfassungswidriges Kennzeichen angebracht.
    Taz v. 12.11.2002
  • 09.11., Weimar: Die NPD führt am Tag der Reichspogromnacht eine Demo mit 150 Teilnehmern durch. 1500 Gegendemonstranten.
    Taz v. 11.11.2002
  • 10.11., Torgelow Löcknitz Ueckermünde: Volksverhetzende Transparente an drei Orten in Uecker-Randow (Mecklenburg-Vorpommern) gefunden. An einer Straßenbrücke in Torgelow stand 'Erwehrt euch der jüdischen Weltpest'. Am jüdischen Denkmal in Löcknitz hing die Parole 'Stoppt das Finanzjudentum'. Eins rief vor dem jüdischen Friedhof in Ueckermünde zum Kampf gegen die 'jüdische Weltbolschewisierung' auf.
    Junge Welt v. 12.11.2002
  • 10.11., Berlin: Das Mahnmal an der Levetzowstraße wurde mit einem Hakenkreuz beschmiert.
    Taz v. 12.10.2002
  • 14.11., Berlin-Tiergarten: Gedenktafel für Rabbiner Schneerson beschmiert und beschädigt.
    Berliner Zeitung v. 16.11.2002
  • 17.11., Leegebruch: Das Mahnmal für Opfer des KZ Sachsenhausen in Leegebruch bei Oranienburg ist zerstört worden. Eine etwa 0,70 x 1,70 Meter große Gedenktafel sei beschädigt worden. Es gebe noch keine Hinweise auf Täter.
    Ddp v. 20.11.2002
  • 17.11., Sömmerda: Ein Unbekannter hat in der Nacht zehn öffentliche Gebäude mit antisemitischen Darstellungen beschmiert. Unter anderem wurden Davidsterne und das Wort „Jude“ gesprüht.
    Thüringer Allgemeine v. 20.11.2002

Dezember

  • 10.12., Gießen: Der Giessener “Verein für selbstbestimmtes Leben” hat Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet. In der Anzeige heißt es, dass rund 20 Personen das Gebäude der Burschenschaft “Germania” verlassen haben und “laut grölend” am Haus des Vereins vorbeigezogen seien. Dabei sollen sie menschenverachtende antisemitische Parolen gerufen haben.
    Kreis-Anzeiger v. 11.12.2002
  • 17.12., Mit Hakenkreuzen wurde die Gedenkstätte für die Opfer des Todesmarsches an der B162 zwischen Wulkow und Herzberg geschändet, teilte die Polizei am 17.12.02. mit.
    Jungle World v. 24.12.2002
  • 23.12., Leer: Hendrik Hamer (CDU), aus dem ostfriesischen Leer ist der erste deutsche ehrenamtliche Bürgermeister, der wegen erklärten Antisemitismus seinen Posten räumen muss. Hamer war der Eröffnung einer Gedenkstätte der Stadt, die an die Deportation und Ermordung der Juden Leers durch die Nationalsozialisten erinnert, demonstrativ fern geblieben. Er wolle einer "Industrialisierung des Holocausts" nicht in die Hände arbeiten und finde, des Holocausts sei genügend gedacht worden, so Hamer. Hamer ist im Hauptberuf Lehrer.
    taz Bremen v. 24.12.2002
  • 25.12., Philippsburg: Über Weihnachten wurde der jüdische Friedhof in Philippsburg von Unbekannten geschändet. 8 Grabsteine wurden umgeworfen und 15 weitere mit Hakenkreuzen beschmiert.
    Neues Deutschland v. 28.12.2002

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