Junge Freiheit
Untertitel: Wochenzeitung für Debatte
Gründungsjahr: 1986
Herausgeber: Junge Freiheit Verlag GmbH & Co. KG (Berlin), Geschäftsführer: Dieter Stein
Erscheinungsweise: wöchentlich (seit 1994)
Auflage: ca. 28.000 verkaufte Exemplare (2024)
Zentrale Autoren: Torsten Hinz, Michael Paulwitz, Hinrich Rohbohm (Redaktion), Dieter Stein (Chefredakteur), Karlheinz Weißmann
Die Wochenzeitung Junge Freiheit (JF) gilt als das »Flaggschiff« (Wolfgang Gessenharter) der neurechten Publikationsorgane. Bei aller weltanschaulichen Orientierung hat sie sich einer pragmatischen, realpolitischen Haltung verschrieben. Sie richtet sich in Themenwahl und Sprachstil an ein bildungsbürgerliches Publikum. Mit Gründung der AfD stellte sie sich der Partei als inoffizielles Sprachrohr zur Verfügung.
Die JF erschien erstmalig im Juni 1986, zunächst kurzzeitig als Jugendzeitschrift einer Abspaltung der Republikaner in der Nähe von Freiburg. Zur Redaktion gehörten unter anderen der damals erst 19-jährige Dieter Stein und der promovierte Volkswirtschaftler Götz Meidinger. Von dem in den Anfängen recht unansehnlichen Blatt mit einer zweimonatigen Erscheinungsweise hat sich die JF zu einem Erfolgsprojekt der Neuen Rechten entwickelt. Nach einem Richtungsstreit in der Redaktion anlässlich eines geschichtsrevisionistischen Artikels Armin Mohlers übernahm Dieter Stein die alleinige Geschäftsführerschaft mit einer deutlichen Anteilsmehrheit im Herausgeberverein. Die durch Umzüge und den Ausbau der Zeitung über weite Strecken finanziell prekäre Situation konnte durch diverse Abo-Kampagnen, die Gewinnung von Kommanditisten und die Bildung eines Förderkreises »Freunde der Jungen Freiheit« langfristig stabilisiert werden.
Ein wichtiger Unterstützer war der inzwischen verstorbene Münchner Verleger Herbert Fleissner, der für sein umfangreiches Verlagsimperium Anzeigen in der JF schaltete und damit das insgesamt (bis heute) dürftige Anzeigenaufkommen der JF aufbesserte. Ein weiterer wichtiger Unterstützer war Caspar von Schrenck-Notzing, ehemaliger Gründer und Herausgeber der rechtskonservativen Zeitschrift Criticón. Der millionenschwere Großaktionär von WMF und BASF gründete im Jahr 2000 die Förderstiftung konservative Bildung und Forschung (FKBF). 2007 übergab er Dieter Stein deren Vorsitz. Seitdem verleiht die FKBF zusammen mit der JF den 2004 ins Leben gerufenen Gerhard-Löwenthal-Preis. Vor allem aber ermöglichte die FKBF 2012 die Einrichtung der Bibliothek des Konservatismus (BdK) in Berlin.
Am Konsolidierungsprozess der JF beteiligte sich auch Götz Kubitschek, in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre Aktivensprecher der Deutschen Gildenschaft (der auch Dieter Stein angehört) und 1995–1997 JF-Redakteur für »Sicherheit und Militär«. Zusammen mit dem Gildenschaftler Karlheinz Weißmann, dem wichtigsten intellektuellen Stichwortgeber der JF, gründete Kubitschek im Jahr 2000 das Institut für Staatspolitik (IfS), 2003 wurde die Institutszeitschrift Sezession ins Leben gerufen. Die Kooperation zerbrach allerdings aufgrund strategischer Differenzen, die 2014 zum Ausscheiden Weißmanns als Wissenschaftlicher Leiter aus dem IfS führten. Seitdem ist das Verhältnis zwischen JF und IfS gespannt. Als Ersatz für die Sezession wurde 2017 auf Betreiben Weißmanns die Zweimonatszeitschrift CATO. Magazin für neue Sachlichkeit gegründet. Die CATO Verlag GmbH ist eine 100-prozentige Tochter der Junge Freiheit Verlag GmbH & Co. KG und hat ihren Sitz im Gebäude der Bibliothek des Konservatismus (BdK). Die BdK erfüllt als Bibliothek und gleichzeitig Veranstaltungsort eine ähnliche Funktion wie das Institut für Staatspolitik und wurde nach dem Zerwürfnis zwischen Stein, Kubitschek und Weißmann ab 2014 umso wichtiger.
Als grobe Struktur der 24 Seiten umfassenden Zeitung dienen die vier Rubriken Politik, Thema, Kultur und Wissen. Im Vergleich zu anderen Wochenzeitungen ist der Wirtschaftsteil mit nur zwei Seiten auffallend klein. Die Titelseite der JF gibt Aufschluss über das Schwerpunktthema der jeweiligen Ausgabe und beinhaltet sowohl den Leitartikel als auch die Chefredakteurskolumne von Dieter Stein. Als wichtige Autoren sind neben Stein vor allem Karlheinz Weißmann, Torsten Hinz und Michael Paulwitz zu erwähnen: Weißmann aufgrund seiner bedeutenden Stellung innerhalb der deutschen Neuen Rechten als einflussreicher Autor und Kuratoriumsvorsitzender der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung; Hinz und Paulwitz als langjährige Stammautoren und Preisträger des Gerhard-Löwenthal-Preises und Paulwitz zusätzlich als Pressereferent der AfD-Bundestagsfraktion. Neben der Printausgabe betreibt der Verlag die Webseite jungefreiheit.de mit teils kostenpflichtigen Artikeln und einem wöchentlichen Newsletter, den YouTube-Kanal JF-TV, auf dem eine Vielzahl eigenproduzierter Formate veröffentlicht werden, und den JF-Buchdienst, welcher neben Druckerzeugnissen (z. B. JF-Edition) verschiedene Merchandise-Artikel, Filme und Hörbücher vertreibt. Auf Social Media ist die JF ebenfalls präsent.
Die neurechte Junge Freiheit versteht sich selbst nicht als Bestandteil der Neuen Rechten, sondern als Organ des »wahren« (Günter Zehm) Konservatismus. Tatsächlich okkupiert sie den Konservatismusbegriff aus dem Geist der Konservativen Revolution bzw. in der Tradition des Weimarer Jungkonservatismus. Trotz dieser weltanschaulichen Orientierung hat Dieter Stein den Blick immer auf das Naheliegende gerichtet. Er gehört im Lager der Neuen Rechten zu denjenigen, die sich bewusst einer pragmatischen, realpolitischen Haltung verschrieben haben. Von Beginn an unterstützte die JF die AfD und stellte sich als inoffizielles Sprachrohr der Partei zur Verfügung. Sie kommunizierte innerparteiliche Auseinandersetzungen und bot den Protagonisten eine Plattform, um ihre Positionen in der Öffentlichkeit und gegenüber der Partei darzulegen. Und sie versuchte, durch eine entsprechende Kommentierung die Entwicklung der AfD, insbesondere nach Aufbrechen der Flügelkämpfe 2015, in ihrem Sinne zu beeinflussen. In diesen Richtungskämpfen nahm die JF die Position ein, die Partei müsse sich erstens an der Mitte der Gesellschaft, also am hegemonialen Diskurs, orientieren. Und zweitens: Die Mitte müsse dort abgeholt werden, wo sie steht, um dann Schritt für Schritt den Sagbarkeitshorizont nach rechts zu verschieben. Die Konzeptionierung der Partei als »fundamentaloppositionelle Bewegungspartei«, wie sie vor allem durch Björn Höcke propagiert und von Kubitscheks Institut für Staatspolitik unterstützt wurde, wurde sowohl von Stein als auch von Weißmann kritisiert. Auch in weiteren Fragen, etwa der Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie der Außen- und Verteidigungspolitik vertrat die JF konträre Positionen zu Höcke oder Kubitschek. Diese Differenzen zeugen von einem Kampf zweier Linien innerhalb der Partei und ihres Umfelds, in dem die JF einen prominenten und pointierten Pol einnimmt. Allerdings verbindet alle neurechten Akteure ein gemeinsames Drittes: die »Vision« eines völkischen Nationalismus. Im Jubiläumsband zum 25-jährigen Bestehen der Zeitung versteht die JF darunter die »Regeneration deutscher Identität und Deutschland als selbstbewußte Nation« und sieht dieses Leitbild als Fortschreibung einer »jahrhundertealten Nationalgeschichte«.
Text: Helmut Kellershohn, Stand: 12/2024
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