Die Kehre
Untertitel: Zeitschrift für Naturschutz
Gründungsjahr: 2019
Herausgeber: Oikos Verlag UG (seit 2023 Teil von Jungeuropa Verlag), vertreten durch Jonas Schick (Dresden)
Erscheinungsweise: Quartalsweise
Autoren (Auswahl): Felix Ansorg, Michael Beleites, Jörg Dittus, Erik Lehnert, Jonas Schick, Philip Stein, Nils Wegner, Volker Zierke
Die Kehre widmet sich dem Thema Ökologie, wobei völkische Romantik und eine Abwehr von Moderne und Technik im Vordergrund stehen. Die Zeitschrift versteht sich als Alternative zur angeblich linken »Instrumentalisierung der Natur für Emanzipationsbestrebungen« (Jonas Schick) und fungiert als Stichwortgeberin für Teile der AfD, die die Folgen der Klimakrise nicht leugnen, aber eine rechte Deutung für notwendig erachten.
Die Kehre will einer vermeintlichen »Verengung der Ökologie auf den ›Klimaschutz‹« etwas entgegensetzen. Ökologie wird verstanden als »Lehre von der gesamten Umwelt«, welche »die Kulturlandschaften, Riten und Brauchtum, also auch Haus und Hof (Oikos) als ihren Namensgeber einschließt«, erläutert Jonas Schick die Programmatik. Die Ablehnung technologischer Lösungsansätze zeigt, dass es nicht um den Schutz der Umwelt im Sinne einer langfristigen Absicherung der Lebensgrundlage aller Menschen geht, sondern um den Erhalt einer deutschen Kulturlandschaft als Ausdruck völkischer Identität. Die Kehre, der Name entlehnt von Martin Heideggers philosophischer Technologieabkehr, kann als Nachfolgeheft der NPD-nahen Zeitschrift Umwelt & Aktiv verstanden werden. So gibt es personelle, inhaltliche und strategische Kontinuitäten.
Die Themenauswahl wechselt zwischen philosophischen Beiträgen und lebensnahen Artikeln, die ökologische Lifestyle-Aspekte beleuchten: Selbstversorgung, Wandern, Musik. Es soll ein breites, ökologisch interessiertes, bürgerliches Publikum angesprochen und ein Verständnis für die Bedeutung von Klima und Natur geschaffen werden. Die Aufmachung des Heftes ist hochwertig, das Design naturnah gestaltet (erdfarben, grün) und motivisch an Wald und Wiese orientiert. Ganzseitige Zitate trennen einzelne Artikel voneinander. Wortreichen Essays werden halb- oder ganzseitige Fotostrecken gegenübergestellt. Bildsprachlich sind die Fotos entweder als Idealisierung oder Abwertung zu verstehen: Romantische Naturaufnahmen und klassizistische Gemälde dienen als Kontrast für etwa die Berlin-Neuköllner Karl-Marx-Straße als »Epizentrum der Entwurzelung«.
Codierte und suggestive Sprache sowie Bedeutungsverschiebungen gehören zu den rhetorischen Strategien. So verklausulieren die Autoren ihre rassistischen, antisemitischen und LGBTIQ+-feindlichen Inhalte mithilfe von hochtrabenden Metaphern, intellektualisierender Sprache und Assoziationsketten. Traditionalistische, antimoderne Werte und Ethnopluralismus werden in der Kehre offen vertreten. Eindeutig diskriminierende oder zu Gewalt aufrufende Inhalte sind auf Zitate beschränkt, welche die Autoren in der Regel nicht weiter kommentieren. Das Auslassen von Schlussfolgerungen sowie unnötige Verkomplizierungen nutzen sie als rhetorische Mittel, um sich vor Kritik zu schützen.
Der herausgebende Oikos Verlag ist in Dresden angesiedelt und Teil des Netzwerkes von Ein Prozent e.V. Seit 2023 gehört Oikos zum Jungeuropa Verlag. Neben der Kehre vertreibt Oikos kleinere Monografien und Bücher aus dem Fachverlag für Wissenschafts- und Biologiegeschichte Basilisken-Presse als Imprint sowie Merchandiseprodukte.
Zu den Autoren der Zeitschrift gehören der frühere DDR-Umweltaktivist Michael Beleites, Hagen Eichberger, der unter anderem über den »Ausverkauf der Heimat« und die »Notwendigkeit ökologischen Widerstandes« schreibt, oder Jörg Dittus (ehemals Pressesprecher der AfD-Fraktion in Brandenburg). Volker Zierke (Jungeuropa Verlag) schreibt über naturverbundene Bands und präsentiert mit Schick auf YouTube die einzelnen Ausgaben. Ergänzt wird die Autorenrunde aus den Reihen von Antaios bis Jungeuropa: Benedikt Kaiser, Nils Wegner, Martin Sellner. Verlag und Zeitschrift sind eng vernetzt mit der AfD und weiteren Organisationen und Projekten des »politischen Vorfelds«. Schick war lange Zeit bei der Jungen Alternative Bremen und bei den Identitären aktiv und arbeitete für den AfD-Politiker Frank Magnitz. Seit 2023 ist er für den MdB René Springer tätig. Im Heft werden regelmäßig Werbeanzeigen für die AfD abgedruckt. Verschiedene Politiker der Partei publizieren im Heft, etwa Zacharias Schelley und zuletzt Torben Braga. Kehre-Autor Fabian Jank sitzt als AfD-Abgeordneter seit 2023 im Brandenburgischen Landtag.
Das Profil basiert auf der magazine-Ausgabe Ökologie von rechts: Das Magazin »Die Kehre« (2022). Aktualisiert, gekürzt und bearbeitet von Mika Pérez Duarte, Stand: 01/2025
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