Zuerst! Deutsches Nachrichtenmagazin
Gründungsjahr: 2010 (vormals Nation & Europa, gegründet als Nation Europa 1951–1989, 1990 Umbenennung in Nation & Europa nach Fusion mit den Deutschen Monatsheften)
Herausgeber: Lesen & Schenken Verlagsauslieferung und Versandgesellschaft mbH, Dietmar Munier
Erscheinungsweise: monatlich
Chefredakteur: Andreas Karsten
Autoren (Auswahl): Guido Altmann, Mike Gutsing, Günther Hamann, Manfred Kleine-Hartlage, Ludwig Kranzler, Reinhold Krug, Hartmut Lieger, Lars Piontek, Maximilian Riedl, Anselm Schäfer, Christian Schöps, Frank Zastrow
Die von Dietmar Munier herausgegebene Zeitschrift Zuerst! trat 2010 als »Deutsches Nachrichtenmagazin« mit dem Anspruch eines »Anti-Spiegel« in die Öffentlichkeit. War sie unter ihrem ersten Chefredakteur Günther Deschner (ehemals Die Welt) noch stärker auf den Graubereich zwischen Konservatismus und extremer Rechter ausgerichtet, entwickelte sie sich unter Manuel Ochsenreiter ab 2011 zu einem Sprachrohr der extremen Rechten, insbesondere der radikalisierten AfD und der Identitären Bewegung.
In Großbuchstaben und mit Ausrufezeichen pocht die Zeitschrift Zuerst! auf das Primat der »deutschen« Interessen, wie der einstige Chefredakteur Günther Descher im Editorial ausführte. Damit setzt sie die nationalistische Linie fort, die Herausgeber Peter Dehoust 1990 dazu bewogen hatte, das Vorgängerheft Nation Europa in Nation & Europa umzubenennen. Vermeintlich nationale Interessen und die Suche nach einer nationalistischen Sammlungsbewegung und -partei waren der Antrieb für das NPD- und später DLVH-Mitglied Dehoust sowie seine späteren Mitherausgeber Harald Neubauer und Adolf von Thadden. Als der Verleger und ehemalige Vorsitzende der Jungen Nationalisten Schleswig-Holstein Dietmar Munier Nation & Europa für seine Verlagsgruppe Lesen & Schenken GmbH kaufte, nutzte er vor allem die Adressen der Abonnementkund*innen, um ein neues, ganz anders aufgemachtes Magazin mit allerdings gleicher Zielrichtung auf den Markt zu bringen. 2011 übernahm mit Manuel Ochsenreiter ein extrem rechter Netzwerker der jüngeren Generation die Chefredaktion. Er hatte bis dahin die Redaktion der ebenfalls von Munier herausgegebenen Deutschen Militärzeitung geleitet. Nach Ochsenreiters Tod 2021 übernahm der 1992 geborene Andreas Karsten die Redaktionsleitung bei Zuerst!, ein Soziologe und Aktivist aus dem Umfeld der Hallenser Identitären. Sowohl Ochsenreiter als auch Karsten und einige weitere Autoren der Zuerst! haben in der Vergangenheit auch für die Junge Freiheit und die Sezession geschrieben.
Viele Farbfotos und ein- bis zweiseitige Artikel sowie Kolumnen und Kurzberichte prägen das Erscheinungsbild des etwa 80 Seiten umfassenden Blattes. Wie zuvor Nation & Europa adressiert die Zeitschrift Zuerst! ihre Abonnent*innen als »Leserkreis«, der zur Einreichung von Beiträgen ermuntert wird. Ob die Zeitschrift mit ihrer Auflage von vermutlich längst nicht mehr 86.000 (eigene Angabe 2010) und einem Heftpreis von 7,95 Euro (2024) Gewinn abwirft, scheint sekundär, da sie nicht zuletzt auch als Werbeheft für das umfangreiche Angebot an revisionistischen, rassistischen und militaristischen Büchern, Kalendern, Zeitschriften und anderen Medien des Lesen & Schenken-Verlagshauses Muniers angelegt ist. Buchrezensionen stehen praktischerweise unmittelbar neben dem Aufruf, Bücher über die verlagseigene Versandbuchhandlung zu bestellen. Zur Zuerst! gehört auch ein Internetauftritt mit Meldungen und omnipräsenter Abo-Werbung. Dietmar Munier organisiert jährlich Lesertreffen im Namen seiner Lesen & Schenken-Verlagsgruppe.
Zuerst! übersetzt die über Jahrzehnte geprägten Themen der extremen Rechten in das Format eines Nachrichtenmagazins, das aktuelle Ereignisse und Debatten aufgreift. Strategiedebatten zur Ausrichtung der nationalistischen Bewegungen in der Bundesrepublik sind mit Etablierung der AfD als neuer rechter Sammlungspartei in den Hintergrund getreten. Seitdem hat sich die Zeitschrift zu einem Sprachrohr der AfD entwickelt, insbesondere ihrer radikalen Vertreter*innen, und behauptet, es gebe »Keine Alternative zur Alternative«. Feste Rubriken sind »Deutschland«, »Österreich«, »International«, »Geschichte« und »Gesellschaft«. Das Themenspektrum reicht von Geschichtsrevisionismus, insbesondere in Bezug auf Nationalsozialismus, Holocaust und Zweiten Weltkrieg, aber auch den Südtirol-Konflikt, über Fundamentalkritik an demokratischen Parteien und Kritik an den jeweiligen Regierungen der Bundesrepublik bis hin zu rechter Globalisierungskritik, Anti-Antifa-Agitation, Antifeminismus, Queerfeindlichkeit und Hetze gegen Migrant*innen. Dabei knüpfen die Autoren an die lange Jahre bestehende Rubrik der Nation & Europa »Nachrichten aus Multikultopia« an. Die internationale »Berichterstattung« fiel unter Ochsenreiter mit Hamas-naher Propaganda gegen Israel und einer Nähe zu den Diktatoren in Syrien, Libyen und im Iran auf.
Munier ging juristisch gegen den Verfassungsschutzbericht Schleswig-Holstein von 2012 vor, in dem sein Verlagshaus als rechtsextremer Verdachtsfall geführt wurde – mit Erfolg: Die Passagen mussten im Bericht geschwärzt werden. Die angestrebte Konkurrenz zum Spiegel stellt Zuerst! aufgrund seiner geringen Reichweite nicht dar. Wohl aber hat Munier mit der Aufmachung als Nachrichtenmagazin und über die anfängliche Vertriebsorganisation durch die Bauer Media Group einen Platz in den Regalen größerer Pressekioske ergattern können. Zudem kann davon ausgegangen werden, dass Zuerst! einen Kreis aktiver Stammleser*innen hat.
Text: Marie Müller-Zetzsche, Stand: 12/2024
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