Anhänger von Compact auf einer Kundgebung in Dresden, Juni 2016.  Foto: christian-ditsch.de

Verbot des Compact-Magazins – ein publizistischer Rückblick

Die erste Ausgabe des Compact-Magazins erschien im Dezember 2010. Vom Titelbild blickte Thilo Sarrazin, untertitelt war das Heft mit der Schlagzeile »Der nächste Bundeskanzler?«[1] In den darauffolgenden Jahren entwickelte sich Compact um Chefredakteur Jürgen Elsässer zu einer eigenen Marke und damit zu einem zentralen Akteur der extrem rechten Publizistik. Zu dem Monatsmagazin mit einer Auflage von zuletzt 40.000 verkauften Exemplaren (laut Eigenangabe) gesellten sich weitere Printformate (Compact Spezial, Compact Aktuell, Compact Edition, Compact Geschichte usw.), TV-Sendungen, Veranstaltungen und ein Online-Shop. Auch auf Demonstrationen war Compact stets in netzwerkender Weise präsent. Nun wurde die Compact-Magazin GmbH durch das Innenministerium verboten.

Von der Redaktion

Erstmals präsentierte sich das Blatt im Dezember 2010 im Ratskeller Berlin Schmargendorf. Wir berichteten von der Veranstaltung, auf dessen Podium neben Jürgen Elsässer und weiteren auch der Herausgeber der nationalkonservativen Wochenzeitung Junge Freiheit, Dieter Stein, zugegen war. Man diskutierte damals auch die Möglichkeit einer neuen Volkspartei, die schließlich gut zwei Jahre später mit der AfD gegründet werden sollte. Compact sah sich stets als Sprachrohr der sich mit Pegida ff. neu etablierenden rechten Sozialen Bewegung auf der Straße, wobei das Medium stets versuchte, die AfD gegenüber der Bewegung in die Pflicht zu nehmen. Den Einzug der AfD in den Bundestag im Herbst 2017 kommentierte das Blatt mit der Überschrift »Das blaue Wunder« und der Aufforderung »Wahlsieger AfD: macht was draus!«

Ein zentrales Merkmal des Compact-Magazins war die verschwörungsideologisch untersetzte Anti-Establishment-Rhetorik. Elsässer und seine Autoren (vereinzelt auch mal Autorinnen) wurden nicht müde, gegen das »Merkel-Regime«, die »politisch-mediale Klasse« und später die Grünen und die Klimabewegung anzuschreiben, oftmals in einem ätzenden bis feindseligen Duktus, sich nie zu schade, Analogien zum NS-Kontext zu ziehen. So prangte vom Titelblatt der Ausgabe 2/2021 Gesundheitsminister Karl Lauterbach mit der Überschrift »Wollt ihr den totalen Lockdown?« Collagenhaft wurde das Bild ergänzt durch einen retuschierten Aufmarsch der Hitlerjugend mit Gesundheitsmasken im Gesicht. Compact, das seit 2013 den Untertitel »Magazin für Souveränität« führte, sah die deutsche Politik von fremden Interessen getrieben, der EU, der »Gender-Lobby«, und allen voran den USA. Dieser verschwörungsideologische Markenkern von Compact kam in nahezu allen Ausgaben und Themen zum Tragen, die wir in den vergangenen Jahren in unserer Reihe magazine analysiert haben. Compact wütete gegen die Migration (»Invasion aus Afrika« 10/2016; »Asylbombe – wie wir uns retten können«, 11/2023), hetzte gegen prominente Politiker*innen der Grünen (»Kein Bock auf Baerbock«, 2/2021, »Habeck in den Knast«, 6/2023), machte sich zum Fürsprecher und medialen Begleiter der Corona-Proteste (»Great Reset – die teuflischen Pläne der globalen Eliten«, 4/2021) und hofierte autoritäre Politiker anderer Länder, allen voran Putin.

Im März 2019 analysierten wir die Compact-Berichterstattung zum NSU-Komplex und resümierten die Blattlinie folgendermaßen: »So seien Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt ermordet worden. Beate Zschäpe sei womöglich als V-Frau tätig gewesen, vielleicht werde sie sogar vom Verfassungsschutz erpresst, welcher Gewalt über ein der Öffentlichkeit unbekanntes Kind Zschäpes haben könnte. Wenn der NSU tatsächlich gemordet habe (dies sieht Compact nicht als erwiesen an), dann womöglich als Teil der geheimen Nato-Armee Gladio, oder im Auftrag des organisierten Verbrechens. Alles scheint denkbar, nur eines nicht: Dass Nazis aufgrund ihrer mörderischen Ideologie Migranten erschießen. So kommt in den Texten von Compact alles vor, was man auch in einem durchschnittlichen Agentenfilm erwarten würde, nur Rassismus eben nicht […]. Der NSU sei das Werk von Agenten, die letztlich die Strategie verfolgten, die gesamte politische Rechte zu kriminalisieren – ein Komplott, exklusiv aufgedeckt von Compact.«

Ähnliche Töne waren auch zum Thema Ökologie zu vernehmen, so unsere Analyse vom Juli 2019: »In für Compact bezeichnender Weise werden entsprechende politische Ansätze [zum Klimaschutz] als von außen kommende Zwangsmaßnahmen beschrieben, die sich gegen die ›souveräne‹ deutsche Nation richten würden. Als Schuldige gelten transnationale Zusammenhänge wie die EU oder die Vereinten Nationen, beziehungsweise Politiker*innen, die als Handlangende einer internationalen ›Klimalobby‹ ausgemacht werden. Analogien zur immer wieder vorkommenden ›Genderlobby‹ bzw. ›Homolobby‹ sind überdeutlich. Genau wie der Geschlechterforschung wird der Klimaforschung die Wissenschaftlichkeit abgesprochen und als politisch motiviert diskreditiert. Letztlich gelten dem Magazin beide Wissenschaftszweige als dekadente Projekte einer ›links-grünen‹ Elite, die im Gegensatz zu den Interessen der deutschen Bevölkerung agiere. In den Artikeln zum Thema kommt zudem das generelle Politikverständnis von Compact zum tragen: Politik als Geschäft, das in dunklen Hinterzimmern (UN-Weltklimarat, Club of Rome) betrieben wird.« Bei entsprechenden Deutungen sind antisemitische Ressentiments meist nicht weit. Diese funktionieren in ihrer perfiden Logik auch ohne die Nennung von Jüdinnen und Juden. In Compact finden sie sich in Form personifizierter Schuldzuweisungen für komplexe kapitalistische Verhältnisse, des mal mehr, mal weniger ausgesprochenen Phantasmas einer im verborgenen agierenden ›Weltregierung‹ und in einem Bild von Israel als ›Schurkenstaat‹.

In den Artikeln zum Thema kommt zudem das generelle Politikverständnis von Compact zum tragen: Politik als Geschäft, das in dunklen Hinterzimmern (UN-Weltklimarat, Club of Rome) betrieben wird. Bei entsprechenden Deutungen sind antisemitische Ressentiments meist nicht weit. Diese funktionieren in ihrer perfiden Logik auch ohne die Nennung von Jüdinnen und Juden.

Im November 2019 widmeten wir uns dem Blick auf Ostdeutschland in der rechten Publizistik: »Ostdeutsche sind in der Umsturzrhetorik der Compact das ›revolutionäre Element‹ -authentischer, kampferprobt und vor allem vermeintlich ethnisch homogen. Dem stehe ein ›überfremdeter‹, ›dekadenter‹ und ›ver-weichlichter‹ Westen des Landes gegenüber. Die im Heft präsentierte Darstellung der DDR hängt mit dieser Deutung eng zusammen. Letztlich sei dort laut Elsässer fast alles besser gewesen als im Westen, sei es die ›Ausländerpolitik‹, die Bildungspolitik oder die Familienpolitik.«

Die Rezeption der EU und Europas war Thema der Juliausgabe 2020 von magazine: »Eigene Europakonzepte sind im Monatsmagazin Compact, das seit März 2020 nun auch vom Verfassungsschutz als ›rechtsextremer Verdachtsfall‹ gehandelt wird, nicht zu finden. Wie auch bei anderen Themen kommen die Beiträge vielfach mit Schlagworten aus, die inhaltlich nicht gefüllt werden. […] Das entspricht dem für Compact typischen Stil, dem es vor allem um das Schüren (zumeist negativer) Emotionen geht und keineswegs um die Ausarbeitung einer stringenten politischen Theorie oder Agenda. Lediglich beim Thema Religion wird es konkret. So plädiert Ex-Kommunist und Chefredakteur Jürgen Elsässer für das ›Christentum als Staatsreligion‹ in Europa. (6/2016) Auf der Ebene der Realpolitik wird ausschließlich Ablehnung der Europäischen Union geäußert. Dabei reicht die Kritik von der Bildungspolitik im Zuge der Bologna-Reform über die Migrationspolitik der letzten Jahre bis hin zur Finanzpolitik der Europäischen Zentralbank. In den gemeinsamen europäischen Institutionen sieht das Magazin […] vor allem eine Beschneidung des Rechts auf nationale Selbstbestimmung. Die Ablehnung der EU und ihrer Gremien drückt man in gewohnt maßlosem Ton aus. So ist etwa von ›Junkers Putschtruppen‹, einer ›EU-Diktatur‹ oder gar einer ›EUdSSR‹ die Rede. (6/2016) Gleichzeitig finden sich in Compact Reportagen und Interviews zu allen relevanten Rechtsaußen-Parteien Europas. […] Insgesamt stellen die Positionen, die das Magazin zum Thema Europa vertritt, absolut keine Besonderheit innerhalb der rechten Presselandschaft dar. Einzig im Bereich der Verschwörungsideologien dürfte Elsässers Blatt wieder einmal deutlich weiter gehen als andere Periodika. So werden nicht nur etwaige demokratische Defizite bei der Wahl der Europäischen Kommission kritisiert, sondern es wird direkt nahe gelegt, dass ein Großteil der EU-Politik tatsächlich von geheimen Zirkeln wie etwa den Bilderbergern (9/2019) gesteuert wird.«

Historische Themen wurden nicht nur in der Compact selbst, sondern in der eigenen Reihe »Compact Geschichte« verhandelt, über die wir im April 2021 schrieben: »Die bis zu 100-Seiten-starken Hefte widmen sich jeweils einem spezifischen Rahmenthema. Während es in sechs der zwölf Ausgaben um Teilaspekte der Geschichte des Nationalsozialismus geht, kultivieren die übrigen Hefte mit Titeln wie ›1000 Jahre Deutsches Reich‹ (2017) und ›Deutsche Kaiser‹ (2020) eine identitätsstiftend nationalistische Geschichtserzählung. Diese Ausgaben zeichnen sich über weite Strecken durch einen stark herkunftsmythologischen Ansatz aus, der vor allem Held*innenerzählungen aneinanderreiht. Das dieser Methode zugrunde liegende Ziel offenbart der ehemalige Welt- und Focus-Autor Jan von Flocken bereits im Vorwort der ersten Ausgabe: ›Unser Vaterland hat in den 1000 Jahren seiner Geschichte vor 1933 keine Scheusale wie Zar Iwan den Schrecklichen, keine geifernden Hassprediger wie Robespierre, keine Bartholomäusnacht, keine barbarischen Gewaltherrscher wie Heinrich VIII. oder Gangsterbosse wie Al Capone hervorgebracht. Gerade deshalb lohnt es sich, Michels Vergangenheit zu beleuchten.‹ Der Tenor des Autors: Andere Länder hatten auch ihre Verbrecher und die ersten 1000 Jahre lief es doch ganz gut in der deutschen Geschichte. Das führt zu wahren propagandistischen Stilblüten wie Al Capone im offenkundigen Vergleich mit Hitler.« Mit Blick auf die Darstellung der NS-Geschichte resümierten wir: »Compact versucht, wo immer möglich, die Geschichte des Zweiten Weltkrieges umzuschreiben. In dem so gezeichneten Bild blieb Hitler aufgrund des Versailler Vertrages vermeintlich gar nichts anderes übrig, als einen Krieg anzuzetteln. Wenn überhaupt, dann habe der Krieg ›viele Väter‹ und die Schuld sei nicht nur bei Hitler, sondern auch bei Stalin, Churchill und der (einmal mehr antisemitisch codierten) ›angloamerikanische[n] Hochfinanz‹ zu suchen. (8/2019) Letztlich bedient das Magazin und seine Geschichtsreihe verschiedene in der extremen Rechten virulente Erzählungen, die darauf abzielen, die Kriegsschuld und die Verbrechen der Nazis zu relativieren, um den eigenen aktuellen Nationalismus zu legitimieren.«

Geschlechterpolitische Themen sind in der Compact stets herablassend verhandelt worden. Im März 2020 widmeten wir uns der Frage, welche Männerbilder in der rechten Publizistik zu finden sind. Über Compact heißt es da: »Im Pegida- und AfD-nahen, verschwörungsideologischen Monatsblatt Compact stellen ebenfalls starke heterosexuelle Männer das Idealbild dar. Ein Mann sei in der hier präsentierten Vorstellung wehrhaft und entschlussfreudig, er weiß, was er will. Für Familien gilt die heterosexuell-bürgerliche Variante als das ›natürliche‹ Ideal.« Queerfeindliche Narrative untersuchten wir Anfang 2024: »Die Männer-Fußball-WM in Qatar, die Diskussion um das Selbstbestimmungsgesetz sowie die Debatten zum Thema Kinderschutz und vermeintlicher ›Frühsexualisierung‹ waren Anlässe für die Compact, geschlechterpolitische Fragestellungen aufzugreifen. […] Transfeindlichkeit (in Form von Beleidigungen) kommt als Stilmittel zum Einsatz, Nebensätze stigmatisieren trans Menschen, ohne dass Geschlecht Thema der Artikel ist. Es wird sich über das ›Abkürzungsmonster‹ LGBTIQ* lächerlich gemacht, Queers aus der Medienbranche oder politischen Kreisen werden diffamiert.«

Auch zu internationalen Themen äußerte sich das Magazin regelmäßig. In unserer Analyse über den Ukraine-Krieg in der rechten Publizistik resümierten wir die Position der Compact folgendermaßen: »Kurz nach Beginn des Krieges veröffentlichte Compact unter dem Titel ›Feindbild Russland – Die Nato marschiert‹ eine Spezialausgabe. Darin finden sich Einordnungen zur geopolitischen Lage, wobei Chefredakteur Jürgen Elsässer Wladimir Putins Russland als ›Gegenpol zur Dekadenz des Westens‹ stilisiert. Putin stehe für ›traditionelle Werte‹, seine imperialistische Außenpolitik sei als neo-zaristisch zu definieren und der Patriotismus, für den er stehe, solle Vorbild für Deutschland werden. Die anvisierte Ehrenrettung Putins changiert zwischen innenpolitischen Huldigungen und den Angeboten, die Putin außenpolitisch und wirtschaftlich biete: Frieden, Freundschaft und Rohstoffe. Schon in den Vorjahren wurde Russland als Hoffnungsträger für das als ›besetzt‹ verstandene Deutschland gesehen. Der NATO-Austritt Deutschlands sei alternativlos, eine multipolare Weltordnung und ein neues Blocksystem unter Russlands Führung werden als Lösung propagiert. Der Krieg in der Ukraine wird nicht nur als konsequente Folge der NATO-Bündnispolitik legitimiert, sondern auch der Ukraine jegliches Selbstbestimmungsrecht – die Souveränität – abgesprochen.« Den Überfall der Hamas und seiner Verbündeten auf Israel im Oktober 2023 kommentiert die Compact in gewohnt verschwörungsideologischer Manier.[2] Das Massaker wird zwar verurteilt, »allerdings betonen die Autoren vehement, dass Israel selbst eine Mitschuld trage. Durch das jahrzehntelange aggressive Vorgehen gegenüber Palästina sei das »Terror-Risiko« angeheizt worden. Israel wird in den Beiträgen und Interviews der Compact als übermächtiger Gegner dämonisiert, dessen Interesse in der Ausbreitung der eigenen Macht liege, wobei alle Mittel, selbst die Vernichtung der Palästinenser*innen, als legitim erachtet würden. Eine Differenzierung beim Schreiben über Israel bleibt in aller Regel aus. Unter den Begriff Israel kann alles fallen: Die Regierung, das Land, die Bewohner*innen, aber auch die jüdische Religion. Übliche antisemitische Chiffren und Codes werden in die neueren Entwicklungen eingefügt und wenig versteckt genutzt, so dass sie von den Leser*innen schnell entschlüsselt werden können. Chefredakteur Jürgen Elsässer, der für eine Vielzahl der zum Thema publizierten Artikel verantwortlich zeichnet, hält sich mit verschwörungsideologischen Mutmaßungen nicht zurück. Beispielsweise sei das Super Nova Festival erst kurz vor dem 7. Oktober von einem weiter entfernten Ort in die Nähe der Grenze verlegt worden: ›So stolperten die Hamas-Leute nach ihrem Durchbruch durch die Grenze praktisch zwangsläufig über das Festivalgelände. […] Man könnte glauben, die Menschen wurden der Hamas hier zum Fraß vorgeworfen.‹ (1/2024) Dass der Angriff am 7. Oktober möglich war und sich die Hamas-Attentäter so lange unbemerkt hinter der Grenze bewegen konnten, wird als höchst unwahrscheinlich dargestellt. Hierfür beruft man sich auf Aussagen von IDF-Soldat*innen und Hamas-Attentätern. Hintergründe oder Personen zu diesen Aussagen werden allerdings nie konkret benannt.«

Mit dem Verbot von Compact verliert die extreme Rechte nicht nur ein zentrales publizistisches Sprachrohr, sondern auch eine Struktur, die für die Bewegung auf der Straße einen vernetzenden und mobilisierenden Charakter hatte. Zumindest für die anstehenden Landtagswahlen und die AfD-Wahlkampfhilfe durch Compact ist dies ein nicht zu unterschätzender Faktor. Es kann allerdings davon ausgegangen werden, dass sich diese Lücke mittelfristig wieder schließen wird.

  1.  Die prominent auf dem Cover zu findenden Erklärungen zu geeigneten Kanzlerschaften setzten sich fort: Im März 2016 erklärte das Cover Frauke Petry als »Die bessere Kanzlerin!«, im Dezember 2022 titelte das Blatt zu einem Bild von Sahra Wagenknecht »Die beste Kanzlerin«.
  2.  Die magazine-Ausgabe 13 vom Juli 2024 mit dem Titel »Der arabisch-israelische Konflikt in der rechten Publizistik« erscheint in wenigen Tagen.