Medienschau: Extrem rechte Comics

In der aktuellen Ausgabe der bbz – Berliner Bildungszeitschrift von der GEW haben wir einen Artikel zu extrem rechten Comics veröffentlicht.

Extrem rechte Comics

In den letzten Jahren lässt sich eine Zunahme extrem rechter Comic-Publikationen im deutschsprachigen Raum beobachten. Wiederkehrende Narrative sind der Rächer, der Außenseiter und die dystopische Überzeichnung aktueller politischer Entwicklungen.

 

Comics und Comicelemente lassen sich seit Jahrzehnten in Publikationen unterschiedlicher extrem rechter Spektren finden. Sie erscheinen als kurze Comicstrips in Zeitungen, Magazinen oder Fanzines, werden im Wahlkampf von Parteien massenhaft verteilt oder gar als eigenständige Produktionen herausgebracht.

Wahlkampf- und Parteicomics machen einen wesentlichen Teil der extrem rechten Comics aus. Die ideologischen und programmatischen Bezüge stehen dabei klar im Vordergrund, auf künstlerische Ästhetik oder anspruchsvolle Handlungen wird hingegen wenig Wert gelegt. Allein in der NPD-Parteizeitung »Deutsche Stimme« erschienen mehrere Comicreihen, darunter »Willy Widerstand« (1998/1999) oder »Alex« (2007).

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Anspruchsvoller sind hingegen jüngere Versuche aus dem neurechten Milieu, sich in der Comic-Szene zu etablieren und extrem rechte Positionen über das Medium Comic zu normalisieren. Bereits das zwischen den Jahren 2017 und 2020 erschienene Arcadi-Magazin richtete sich an ein jugendliches Publikum und verhandelte nicht nur Lifestyle-Themen im Kontext identitärer Narrative, sondern druckte auch zahlreiche eigene Comics ab. Deren grafische Qualität sowie der hohe Stellenwert, die diese im Magazin einnahmen, verdeutlichen, dass Comics hier nicht nur als politisches Sprachrohr begriffen werden. Vielmehr setzen sich die Macher*innen kontinuierlich mit dem Medium auseinander. Eine in Arcadi zu findende Reihe ist der Comic »Outdoor Illner«.

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Während das Arcadi-Magazin mittlerweile sein Erscheinen eingestellt hat, existiert mit dem Hydra Verlag aus Dresden seit dem Jahr 2019 ein extrem rechter Verlag, der sich unter dem Motto »Comics gegen Gleichschaltung« auf Comic-Produktionen spezialisiert hat. Im Eigenverlag werden Comics und Fanartikel produziert, zudem kauft Hydra Titel aus dem Ausland ein und übersetzt sie. Viel Augenmerk erhält das Marketing, so wird großflächig plakatiert, in sozialen Medien gibt es allerlei Beiträge und Videos sowie Aufrufe zur Beteiligung an Projekten. Künstler*innen, die angeblich aufgrund »politischer Differenzen« keinen Platz mehr in der Mainstream-Comicszene finden könnten, werden direkt von Hydra angesprochen und dabei auch finanziell unterstützt. So vergab der AfD-Bundestagsabgeordnete Roger Beckamp dem Verlag im Sommer 2022 ein einjähriges Stipendium in Höhe von monatlich 500 Euro für die Veröffentlichung eines »Abenteuercomics« über den Jagdflieger Manfred von Richthofen.

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Versuche, sich in der deutschen Comic-Szene zu etablieren, scheiterten bislang. Dass die extrem rechten Comics und ihre Produzent*innen keinen Anschluss finden, spiegelt sich auch in den Schaufenstern der Comic-Läden wider, in denen üblicherweise keines der hier besprochenen Bücher oder Hefte zu finden ist. Auch auf Festivals, bei Preisverleihungen und Messen spielen diese Comics keine Rolle. Die nicht zuletzt durch Hydra-Comics erreichte Professionalisierung von Erzählungen, Ästhetik und Vermarktung bleibt vorerst reine Selbstbespaßung der extremen Rechten.

 

Mehr: bbz September/ Oktober 2024

Der Artikel ist eine gekürzte und überarbeitete Fassung unserer 10. magazine-Ausgabe zu rechten Comics, die hier nachgelesen werden kann.