Der Bienenfresser (hier in Sachsen-Anhalt) gilt als Gewinner des Klimawandels, da er auf trockene Habitate angewiesen ist. Für die extreme Rechte ist dies jedoch kein Grund zur Freude, da die Art aus dem Mittelmeerraum eingewandert ist.  Foto: Vera Henßler

Ökologie von rechts: Das Magazin »Die Kehre« – Teil 1

Im Sommer 2019 prognostizierten wir in unserer magazine-Ausgabe »Ökologie von rechts«, dass rechte Umweltpolitik nach den jüngsten Wahlerfolgen der Grünen weiter an Relevanz gewinnen wird. Eine Bundestagswahl und eine Pandemie später ist es an der Zeit, diese These auf den Prüfstand zu stellen. Das wollen wir am Beispiel der 2020 erstmals erschienenen Zeitschrift »Die Kehre« tun, die sich als »Zeitschrift für Naturschutz« explizit dem Thema Ökologie aus rechter Perspektive widmet.

Von Patricia Zhubi

Umweltpolitik gilt spätestens seit den 1970er Jahren als linkes, progressives Politikfeld. Bestrebungen seitens extrem rechter Akteur*innen, eigene Positionen in diesem Bereich zu entwickeln, die über die Leugnung des menschengemachten Klimawandels und schlechte Veganerwitze hinausgehen, wurden in den letzten Jahren als neuer »Trend« sensationalisiert. So titelte etwa das Online-Magazin VICE, »Rechtsextreme« würden »Umweltschutz für sich entdecken«[1] Insbesondere im englischsprachigen Raum ist vom »greenwashing« der extremen Rechten die Rede. Seit dem Christchurch-Attentat machen außerdem Begriffe wie »Ecofascism (Ökofaschismus)« und »Eco-Nationalism (Öko-Nationalismus)« zunehmend Schlagzeilen.

Angesichts der Selbstbezeichnung der Attentäter von Christchurch (2019) und Buffalo (2022) als »Ökofaschisten« und der wiederholten Bezugnahmen auf die »Zerstörung der Umwelt« durch den El Paso Attentäter (2019) ist eine verstärkte Auseinandersetzung mit extrem rechter Ökologie in all ihren Formen dringend notwendig. Aus journalistischer Perspektive ist dabei das Neue – der »Newswert« – hervorzuheben. Jedoch darf darüber die historische Nähe von Natur- bzw. Heimatschutz zu völkischer Romantik nicht verschleiert werden. Rechte Ökologie ist kein neues Phänomen, sie hat sich im Laufe der Zeit jedoch gewandelt und angepasst: von Lebensraumideologie über Heimatschutz bis hin zu einer virtuellen, international kursierenden Neuauflage des Great-Replacement (Großer Austausch) Verschwörungsmythos, der Übervölkerung und Migration für die Zerstörung der »heimischen« Umwelt verantwortlich macht. Was sich darüber hinaus verändert hat, sind die direkt wahrnehmbaren Folgen des Klimawandels. Bislang bestand im extrem rechten Spektrum weitestgehend Einigkeit darüber, dass es sich dabei um liberale Panikmache handle. Auch wenn die Mehrheit die katastrophalen Folgen der globalen Erwärmung weiterhin leugnet, beginnen Teile der extremen Rechten die drohende Krise als Chance zu begreifen. Dazu gehören Akteure der Jungen Alternative (JA), der Identitären Bewegung (IB) und der sogenannten Neuen Rechten um das Institut für Staatspolitik (IfS).

»Berliner AfD Jugend will grüner werden« titelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) nach der Europawahl 2019. Anders als die Überschrift vermuten lässt, wollte der Berliner Jugendverband nicht etwa das Parteiprogramm von Bündnis 90/Die Grünen übernehmen, sondern Umweltpolitik für extrem rechte Themen vereinnahmen. Konkret heißt das etwa, »die Entwicklungshilfe für Schwellenländer an die Einführung einer Ein-Kind-Politik zu koppeln, um einem der größten Klimaprobleme, der Überbevölkerung, entgegenzutreten«. Menschen und nicht CO2 sind demnach also das Problem und Rassismus die Lösung.

Die Forderung der Berliner JA »von der schwer nachvollziehbaren Aussage Abstand zu nehmen, der Mensch würde das Klima nicht beeinflussen« war eine strategische, keine inhaltliche Kritik. Der Parteivorstand, der die Grünen gerade erst zum Hauptfeind erklärt hatte, reagierte trotzdem denkbar schlecht auf dieses Manöver. Knapp eine Woche nachdem erstmals über die Forderungen berichtet worden war, wollte der Vorstand der JA Berlin nichts mit ihnen zu tun haben. Aus dem Vorstandsbeschluss wurde ein »Alleingang« des JA-Landesvorsitzenden David Eckert. Vier der elf Vorstandsmitglieder traten aufgrund »unüberbrückbaren Misstrauens« zurück, was zur Auflösung des gerade erst neugewählten Landesvorstandes der Jugendorganisation führte. Wie genau Eckert einen Vorstandsbeschluss, der sowohl der FAZ als auch der Welt vorlag, allein verabschiedet haben soll, bleibt unklar.

Anders als der damalige Berliner AfD-Chef Georg Pazderski teilte das NPD-nahe Ökomagazin Umwelt & Aktiv (U&A) die vor allem aus dem Umfeld der JA und des offiziell aufgelösten Flügels geäußerte Kritik an der Wahlkampfstrategie der AfD in Sachen Umwelt: In der Ankündigung der zweiten Ausgabe des Jahres 2019 monierte die Redaktion, dass »Bündnis 90/Die Grünen« mit ihrer umweltpolitischen Ausrichtung »auf dieser Welle […] des Jugendprotestes […] erfolgreich mitschwimmen«, während es »der rechten Alternative« an einer »glaubwürdigen Antwort« fehle. Es sollte die vorletzte Ausgabe der Zeitschrift werden. Im Februar 2020 erklärte die Redaktion, ihre Arbeit nach 13 Jahren aufgrund »finanziellen Leidensdruck[s]« und »staatliche[r] Repressalien« einstellen zu müssen.[2]

Foto: Christian-Ditsch.de

Lagen wir angesichts David Eckerts gescheitertem (angeblichem) Alleingang und dem Aus für das wichtigste und doch auffallend isolierte rechte Ökomagazin etwa falsch? Wird Umweltpolitik zwar weiter ein traditioneller Bestandteil extrem rechter Lebenswelten bleiben, aber gegenüber Xenophobie und Identitätspolitik als politischer Programmpunkt ein Nischendasein fristen? Das Ende der U&A bedeutete nicht, dass die rechte Publizistik das Thema aufgegeben hat. In ihrem Abgesang versprach die U&A-Redaktion ihren Abonnent*innen, »daß es in Kürze andere Projekte […] geben wird, deren Themen und Beiträge ebenso zielgerichtet wie kritisch sein werden, so wie Sie es von Umwelt & Aktiv kennen. Daher werden Sie in den kommenden Wochen mit Ihrem Abonnement ein solches Magazin in den Händen halten.« Im Februar 2020 kommentierte der ehemalige Vorsitzende eines neuheidnischen Vereins, sich schon auf die Zusendung von »Oikos – Zeitschrift für Naturschutz« zu freuen.

Tatsächlich erschien einen Monat später die erste Ausgabe des neuen Hochglanzmagazins Die Kehre mit dem Untertitel »Zeitschrift für Naturschutz« beim neugegründeten »Oikos« Verlag. Die Kehre bezieht ihren Titel in Anlehnung an den Essay »Die Technik und die Kehre« des antimodernistischen Philosophen Martin Heidegger. Heidegger sehe, so Herausgeber Jonas Schick im Editorial der ersten Ausgabe, »die Möglichkeit zur Kehre, einem Einschwingen in das ›anfänglich aus der Frühe Währende‹ also einen Weg vom Ende der europäischen Geschichte zurück zu ihrem Anfang«. Auch der Verlagsname »Oikos« (Haushalt/Keimzelle) ist eine Anspielung auf Heidegger, der den Begriff im Sinne von Heimat und Ortsgebundenheit verwendete. Heidegger verwandelte offenen biologischen Rassismus in eine Frage kulturellen Ästhetizismus, etwa indem er Kategorien wie »Rasse« in »kulturelle Essenz« überführte. Eine Tradition, in die sich auch Die Kehre einschreibt.

Ist U&A also wie Phönix aus der Asche gestiegen oder war der beinahe nahtlose Übergang zwischen dem Ende des in die Tage gekommenen Ökoblatts und der Neuerscheinung des ästhetisierten Hochglanzmagazins Die Kehre nur ein Zufall? Wir können an dieser Stelle keine abschließende Antwort liefern, sondern lediglich auf die inhaltlichen, strategischen und personellen Kontinuitäten und Unterschiede hinweisen. So sind etliche Autoren der Kehre bereits von der U&A interviewt worden, darunter Michael Beleites, Reinhard Falter, Volkert Kempf und Daniel Fuhrhop. Hagen Eichberger schreibt zudem für die Deutsche Militärzeitschrift (DMZ) und Zuerst!. Während U&A überwiegend personelle Überschneidungen zur NPD aufwies, scheint Die Kehre darauf abzuzielen, ein möglichst breites Klientel innerhalb des extrem rechten Milieus anzusprechen, auch wenn sie hauptsächlich dem neurechten Spektrum zuzuordnen ist.

Die Zeitschrift erscheint vierteljährig und wird vom ehemaligen Aktivisten der Identitären Bewegung, Jonas Schick, herausgegeben, vom Verlag Antaios und Ein Prozent vertrieben und unter anderem vom Jungeuropa Verlag und Compact beworben. Laut Impressum operiert der herausgebende Verlag Oikos unter derselben Geschäftsadresse wie die vom ehemaligen Bundesvorsitzenden der Jungen Nationalisten (JN), Michael Schäfer, herausgegebenen Hydra-Comics. Das Haus im sächsischen Dresden gehört dem AfD-Stadtbeirat Hans-Joachim Klaudius und beherbergt außerdem das extrem rechte Netzwerk Ein Prozent e.V., dessen Leiter, Philip Stein, wiederum 2017 bei einem Lesertreffen von U&A als Redner aufgetreten war. Zuletzt traten Jonas Schick und Michael Schäfer gemeinsam mit Volker Zierke und Benedikt Kaiser beim Verlagstreffen von Jungeuropa auf.

Während sich die Redaktion von U&A darüber beklagt hatte, dass das Thema Ökologie in ihrem Milieu zu wenig rezipiert werde, empfing die extrem rechte Publizistik Die Kehre mit offenen Armen. »Das Themenspektrum und die Herangehensweise der Autorenschaft […] verdienen es, beachtet zu werden«, schrieb beispielsweise Jean Gilbert kurz nach Erscheinen der Erstausgabe in Arcadi (3/2020). Die Junge Freiheit rezensierte die neu gegründete Zeitschrift im Juli 2020 und das Magazin des stellvertretenden Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion, Sebastian Münzenmaier (Münzenmaiers Magazin) nahm das Thema »Die grüne Gefahr« zum Anlass, seiner Leserschaft die Zeitschrift vorzustellen. Der ebenfalls in der IB zu verortende Heinrich Mahling lobte in den Burschenschaftlichen Blättern vom April 2020 das gelungene Design und den niedrigen Altersdurchschnitt der Redaktion. Ein Jahr später erschien dort ein mehrseitiges Editorial unter dem Titel »Theoretische Erträge eines Kränzchenabends mit Jonas Schick«. Außerdem gab Schick dem österreichischen Aula-Nachfolgemagazin Freilich ein Interview inklusive Fotoshoot mit Jutebeutel und Baumstamm.

Herausgeber Schick ist gut vernetzt: Er war lange Zeit bei der Jungen Alternative Bremen aktiv, arbeitete für den AfD-Bundestagsabgeordneten Frank Magnitz und trat 2018 offen als Aktivist der Identitären Bewegung in Erscheinung. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat er außerdem rund 130 Beiträge für die Sezession (Print und Online) verfasst. Als Herausgeber der Kehre organisiert er gemeinsam mit Jungeuropa und Hydra Comics Verlagstreffen. Wenn er nicht gerade andächtige Interviews mit Alain de Benoist, Björn Höcke und Götz Kubitschek führt, wird er selbst in extrem rechten Podcasts interviewt oder hält Vorträge bei der Jungen Alternative Brandenburg und Berlin sowie dem Institut für Staatspolitik.

Für die Kehre produziert Schick Artikel wie am Fließband. Irgendwie muss das 60 bis 80 DIN A4 Seiten umfassende Magazin schließlich gefüllt werden. Jede Ausgabe hat ein Oberthema, dem sich rund sechs Artikel widmen. Hinzu kommt das Editorial, eine Kurzvorstellung der Autor*innen, ein Interview, Buchbesprechungen und – seit Ausgabe 8/2021 – die Leserkolumne #KehreAktiv, die laut Schick »der ökologischen Praxis« mehr Raum geben soll. Die ausschweifenden Essays im Mittelteil werden mit halb- oder auch ganzseitigen Fotostrecken aufgelockert. Zu sehen sind romantische Naturaufnahmen, klassizistische Gemälde oder aber die Berlin-Neuköllner Karl-Marx-Straße als »Epizentrum der Entwurzelung« (4/2020).

Der Autor*innenkreis ist übersichtlich. Er umfasst den früheren DDR-Umweltaktivisten Michael Beleites, der bereits vor der Gründung der Kehre bei Veranstaltungen des IfS referierte und sich über »degenerative Wirkungen« und »Strukturverlust« auslässt (1/2020). Der DMZ-Redakteur Hagen Eichberger schreibt unter anderem über den »Ausverkauf der Heimat« (4/2020), »Bioregionalismus« (2/2020) und die »Notwendigkeit ökologischen Widerstandes« (5/2021). Auch der Leiter von Ein Prozent, Philip Stein, ist aktiv involviert. Zur Ausgabe zum Thema »Ökologie und Militanz« steuerte er einen Artikel mit dem Titel »Richtige Wege im Falschen?« bei – leider nicht die einzige plumpe Anspielung auf Adorno, die einem bei der Durchsicht der Zeitschrift begegnet. Das Thema Architektur und Ökologie wird von Jörg Dittus bespielt, der dabei einen überraschend fachlichen Ton bewahrt. Ganz anders sieht es auf dem Blog von Jungeuropa aus. Dort fordert Dittus, dass die »Neue Rechte […] endlich alle – insbesondere die konservativen – Scheuklappen ablegt und ohne Vorbehalte zu denken wagt.« Dittus war zuletzt Pressesprecher der AfD-Landesfraktion Brandenburg. Der neurechte Autor Volker Zierke schreibt für die Kehre über naturverbundene Bands, deren Musik sich gegen die »ortlosen, global mobilen ›Anywheres‹« richtet (1/2020).

Ergänzt wird die illustre Männerrunde durch Gastauftritte von Sezession-Autor Martin Lichtmesz und Antaios-Lektor Benedikt Kaiser. Der Vollständigkeit halber sei noch Lotta Bergmann, die einzige Frau im Autor*innen-Aufgebot der Kehre, erwähnt. Ihre Hauptsorge gilt der »globale[n] Bevölkerungsexplosion« (1/2020). Dabei bezieht sie sich auf die »Sieben Thesen für eine konservativ-ökologische Wende« der Zeitschrift Recherche D. Dort wird gar nicht erst versucht, mit Universalbegriffen von der rassistischen Dimension abzulenken, sondern ganz unverhohlen vom »Bevölkerungsüberschuss« in »Afrika« geschrieben.

Codierte und suggestive Sprache, Bedeutungsverschiebungen und glaubhafte Abstreitbarkeit gehören zu den zentralen rhetorischen Strategien der Kehre. Ganz im Stile Heideggers (und der Sezession) schwafeln und verklausulieren die Autor*innen, bis man die rassistischen, antisemitischen und LGBTQ+-feindlichen Inhalte vor hochtrabenden Metaphern und Assoziationsketten kaum noch sieht. Eindeutig rassistische, antisemitische oder zu Gewalt aufrufende Inhalte verpacken die Autor*innen in Paraphrasen und Zitaten, die sie in der Regel nicht weiter kommentieren, geschweige denn kritisieren.

Die Themenauswahl ist, anders als der Schreibstil, nicht nur gewollt, sondern zum Teil auch gekonnt hochschwellig. So geht es beispielsweise um das Recycling von Windkraftanlagen und den energieökonomischen Rebound-Effekt. Der bemüht intellektuelle Stil und die mitunter überraschend anspruchsvollen Inhalte lassen vermuten, dass Die Kehre sowohl ökologische Debatten und Strategien innerhalb der extremen Rechten prägen als auch ein breiteres, naturschutzinteressiertes Publikum ansprechen soll. Darauf verweisen auch die von Schick geführten Interviews, in denen die AfD zwar kritisiert, gleichzeitig aber Verständnis für die realpolitischen Gegebenheiten gezeigt wird. »Es reicht nicht, abfällig über ›Ökowahn‹ zu sprechen und die vorhandenen ökologischen Probleme auszublenden« mahnt beispielsweise Björn Höcke im Interview mit Jonas Schick (6/2021). Götz Kubitschek bezweifelt in der Kehre ganz grundsätzlich die Attraktivität einer »authentischen ökologischen Position« für den Wahlkampf, da diese seiner Ansicht nach zwingend mit »Askese« und »Selbstbeschränkung« einherginge (5/2021). Wenn es sich bei der Kehre tatsächlich um einen Versuch handelt, die ökologische Debatte innerhalb der extremen Rechten zu prägen, so gelingt ihr das besser und mit mehr Resonanz als der U&A. Der Versuch, Ökologie als Scharnier-Thema zu nutzen, kann dem Magazin allein aufgrund des idiosynkratischen, ausschweifenden Stils kaum gelingen.[3]


Der Begriff Ökofaschismus

Von Mika Pérez Duarte

Im extrem rechten Sprachgebrauch werden Umweltaktivist*innen oftmals als Ökofaschist*innen tituliert, um sie zu diskreditieren, so etwa Greta Thunberg oder Politiker*innen der Grünen. Als Bezeichnung für extrem rechte Umweltpolitik ist der Begriff hingegen kaum zu finden. In den 1990er Jahren sprach Jutta Ditfurth von einem »ökologisch modernisierten Faschismus«. Im englischsprachigen Kontext wurde der »real existierende Ökofaschismus« von Janet Biehl und Peter Staudenmaier als Phänomen definiert, das die »Beschäftigung von genuin faschistischen Bewegungen mit Umweltbelangen« zum Kern hat, wobei hier insbesondere auf den deutschen historischen Kontext Bezug genommen wurde. Natascha Strobl versteht unter »eco-fascism« eine »Art Neofaschismus«, der durch »Menschenverachtung mit einer Liebe zur Natur« gekennzeichnet ist. Im angloamerikanischen Raum erhält der Begriff eco-fascism weit mehr Resonanz. In »The rise of ecofascism: climate change and the far right« von Alex Roberts und Sam Moore wird der Begriff eco-fascism zwar verwendet, jedoch gleichzeitig problematisiert. Die Autoren*innen verstehen darunter eine Randerscheinung des »far right environmentalism« (etwa: extrem rechter Umweltschutz). Laut Roberts und Moore verweist der Begriff des Ökofaschismus auf zukünftige extrem rechte Politiken und in diesem Sinne Gefahren, die schon in heutige politische Praxen einwirken würden. Er fungiere daher als valide Beschreibung, da er die Angst vor einer Zukunft widerspiegelt, die unter dieses Label fallen könne. Ohne den mittlerweile aufgeweichten Faschismusbegriff einzugrenzen und eine Diskussion über ihn zu führen, sei eine Zusammenführung von Ökologie und Faschismus im Begriff des Ökofaschismus jedoch problematisch, weshalb dieser für die Beschreibung von spezifischen politischen Akteur*innen verwendet wird. Die begrifflichen Schwierigkeiten spiegeln sich im Text in einer uneindeutigen Verwendung des Begriffs wieder.

Dass die Kategorie »Ökofaschismus« im deutschsprachigen Raum weniger verbreitet ist, könnte unter anderem daran liegen, dass sich die Debatte um den Gattungsbegriff aufgrund der Singularität des Holocausts grundsätzlich vom internationalen Diskurs unterscheidet. Teilweise werden wiederum völkische und nationalistische Gruppierungen aus dem Bereich des Heimat- und Naturschutzes als ökofaschistisch bezeichnet. International nutzten die extrem rechten Attentäter von Christchurch und Buffalo das Label »eco-fascist« als Selbstbezeichnung. Diese Aneignung des Faschismusbegriffs und Überhöhung des Elements der Ökologie liefert ein klares Argument gegen die Verwendung des Begriffs. Der Ökofaschismus wird hier unter den Bereich des rechtsterroristischen Akzelerationismus gefasst, wobei die Ideologiebestandteile neben rassistischen und antisemitischen Überbevölkerungsthesen auch ökologische Komponenten haben können. Rechtsterroristischer Akzelerationismus bezeichnet den Versuch, durch politisch extrem rechts motivierten Terrorismus die Destabilisierung und den Kollaps der Demokratie voranzutreiben, um so einen Systemwechsel herbeizuführen. Der Ausdruck extrem rechte Ökologie verweist zwar weniger auf die rassistischen und antisemitischen Inhalte, die darüber transportiert und verbreitet werden. Dadurch wird auch eine Verharmlosung und Verbreitung rassistischer und neonazistischer Ideologie möglich. Trotzdem scheint der deskriptive Begriff der extrem rechten Ökologie zur Beschreibung des Phänomens weitaus geeigneter.

Weiterführende Literatur:


Der zweite Teil des Artikels »Ökologie von rechts: Das Magazin ›Die Kehre‹« erscheint am Freitag den 23. September 2022. Die apabiz-Publikationsreihe magazine nimmt rechte Periodika unter die Lupe, beleuchtet zentrale Diskurse und schafft damit eine Grundlage für die argumentative Auseinandersetzung.

  1.  Anders, als die Überschrift vermuten lässt, geht der Autor im Text auf die Geschichte des, wie er es nennt, »Ökofaschismus« ein. Es ist also vor allem der vermutlich von der Redaktion gewählte Titel, der Neuheit impliziert.
  2.  Eine umfangreiche Masterarbeit zur Umwelt & Aktiv findet sich in unserer Bibliothek: »Muttererd‘ und Vaterland. Die Anknüpfung extrem rechter Ideologie an ökologische Fragen, untersucht in der Zeitschrift ›Umwelt & Aktiv‹«, Freiburg im Breisgau 2019.
  3.  Mit der Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (FARN) gibt es nun seit knapp fünf Jahren eine im Präventionsbereich angesiedelte Institution, die zum Thema publiziert und Bildungsarbeit anbietet. Bereits im Februar 2021 erschien dort eine Analyse des Magazins »Die Kehre«