Verschwörungsideologische Corona-Proteste in Berlin am 1. August. | Berlin 1.8.2020 | Foto: Oskar Schwartz

Nicht jetzt erst rechts

Corona-Verschwörungsdemos: Die bundesweite Großdemonstration am 1. August war der bisherige Höhepunkt der seit Monaten anhaltenden Proteste von Corona-Leugner*innen in Berlin. Für den 29. August wird nicht nur eine Wiederholung in derselben Größenordnung, sondern auch eine zunehmende Präsenz von extremen Rechten und gewaltbereiten Neonazis erwartet. Gegen ein von der Berliner Versammlungsbehörde verhängtes Verbot wird derzeit von »Querdenken 711« geklagt.

Zwar war die Demonstration am 1. August keine dezidiert extrem rechte Veranstaltung, aber immerhin ein bedenklicher politisch heterogener Zusammenschluss, der bekannte extreme Rechte und Neonazis ebenso widerspruchslos duldete wie offen zur Schau getragenen Antisemitismus. Was die Teilnehmenden eint, ist die fatale Leugnung der Gefahr des Virus und eine teils aggressive Verweigerung der Hygieneschutzmaßnahmen in Verbindung mit bizarren und gefährlichen verschwörungsideologischen Erklärungen sowie eine diffuse wie vehemente Positionierung gegen ›Die da oben‹.

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Dass sich am 1. August mehrere Zehntausend Menschen nach Berlin mobilisieren ließen, obwohl die Corona-Maßnahmen längst gelockert waren, war so nicht absehbar. Überrascht hat also vor allem die Masse. Während die deutlich kleiner gewordenen Demonstrationen in den vergangenen Monaten zunehmend organisatorisch von extrem Rechten dominiert und entsprechend inhaltlich ausgerichtet waren, war die verschwörungsideologische, wissenschafts-, politik- und pressefeindliche Demonstration am 1. August wieder sehr heterogen. Der überwiegende Teil der Protestierenden war einer radikalisierten bürgerlichen Mitte zuzuordnen. Vereinzelt beteiligten sich auch Personen, die sich als links positioniert zu erkennen gaben. Hinzu kam eine große Gruppe an Personen aus den verschiedensten Spektren der extremen Rechten bis hin zu gewaltbereiten Neonazis. Gemeinsam schufen sie eine teils aggressive bedrohliche Allianz. Durch diesen Schutz der Masse hat die (extreme) Rechte erneut Oberwasser bekommen und formiert sich als wahrnehmbare Regierungs- wenn nicht sogar Systemopposition, die sich ein neues Klientel erschließen will. Für die nächste angekündigte Großdemonstration am 29. August zeichnet sich ab, dass deutlich mehr Personen aus diesem Spektrum kommen dürften. Es sind neben Aufrufen von AfD-Politiker*innen wie Björn Höcke, von Identitären und Verschwörungideolog*innen vor allem die neonazistischen Strukturen, die hierbei beunruhigen. Es mobilisieren NPD, der III.Weg sowie aktivistische und gewalttätige Anti-Antifa- und neonazistische Hooligan-Strukturen. Es handelt sich um die derzeit gefährlichste Nazi-Mobilisierung, die eine politische und antifaschistische Reaktion notwendig macht. Gegen das von der Versammlungsbehörde verhängte Verbot der Berliner Versammlungsbehörde klagen die Veranstalter von »Querdenken 711«. Protestiert werden soll offensichtlich in jedem Fall – egal ob das Verbot Bestand hat oder gekippt wird. Die Mobilisierungen werden aufrecht erhalten – häufig im Tenor »jetzt erst recht«.

 

Den ganzen Artikel zu den verschwörungsideologischen Corona-Demos findet ihr auf unserem Blog »Berlin rechtsaußen«.