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Ökologie von rechts – Teil 1

Dieselaffäre, regenerative Energien, Insektensterben, Klimawandel – die Relevanz ökologischer Themen in der politischen Debatte ist spätestens seit Fridays for Future und den jüngsten Wahlerfolgen der Grünen nicht mehr zu übersehen. Während ökologische Positionen heute meist als progressiv gewertet werden, fordern zunehmend auch rechte AkteurInnen, das Themenfeld erneut zu besetzen. Welche Relevanz spielt Ökologie derzeit in rechten Periodika und was sind die zentralen Aussagen?

von Kilian Behrens, Vera Henßler, Ulli Jentsch, Jessica Kieck, Frank Metzger, Eike Sanders und Patrick Schwarz

Entlang welcher Thematiken wird über ökologische Fragen geschrieben? Findet eine Verknüpfung mit anderen zentralen Ideologemen der extremen Rechten statt? Gibt es ein rechtes politisches Konzept von Ökologie, einen eigenen Begriff? Und welche Handlungsoptionen werden aufgemacht? Diese und weitere Fragen leiteten uns durch unsere Lektüre der jüngsten Ausgaben ganz unterschiedlicher rechter Zeitschriften.[1] Für die vorliegende vierte Ausgabe der magazine haben wir uns dem Thema erneut auf induktive Weise angenähert und von den einzelnen Artikeln ausgehend auf spektrenübergreifende Tendenzen geschlossen. Entsprechend konzentrieren wir uns im Folgenden auf die Themen, die wir in den Periodika vorgefunden haben.[2] Einzelne durchaus relevante Aspekte wie etwa Tierschutz oder völkischen Ökolandbau haben wir aufgrund der begrenzten Zeichenzahl, oder weil sie in den Periodika keine Rolle spielten, bewusst außen vor gelassen. Mit wenigen Ausnahmen orientieren sich die analysierten Artikel an allgemeinpolitischen Debatten und Ereignissen wie dem Dieselskandal, der Energiewende oder sozialen Bewegungen wie Fridays for Future. Insbesondere in den neurechten Periodika sind darüber hinaus jedoch auch »metapolitische« Überlegungen, wie es das Milieu wohl selbst ausdrücken würde, zu finden. Die vorliegende Ausgabe gliedert sich in mehrere Kapitel, die die vorgefundenen Schwerpunktsetzungen in den magazinen widerspiegeln: Ökologie als Politikfeld, die Verschränkung von Ökologie und Wirtschaft (Automobilindustrie und Energiepolitik), der Klimawandel und die Rezeption von sozialen Bewegungen. Das Thema Ökologie war lange Zeit, Ende des 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, für rechtskonservative und völkische Milieus zentral. Diese rechten Traditionslinien sind heute jedoch marginal, und so bedauern einige AutorInnen, die Hegemonie zu der Thematik an AkteurInnen wie die Grünen verloren zu haben. Alle Periodika, soviel sei am Anfang gesagt, arbeiten sich an den Grünen ab, die beim Thema Ökologie als zentrale politische Gegnerin ausgemacht werden. Dies dürfte sich angesichts der jüngsten Erfolge der Partei bei der Wahl zum Europaparlament sicherlich noch weiter verschärfen. Insofern ist wohl auch die Annahme nicht zu gewagt, dass das Thema Ökologie in der rechten Publizistik noch weiter an Relevanz gewinnen wird.

»Ökologie ist rechts« – Ökologie als Politikfeld

Mit den politisch viel diskutierten Fragen rund um Energiepolitik, Klimawandel und Naturschutz ist es in der Sezession ähnlich wie bei anderen Themen auch: Sie tauchen auf, prägen das Heft allerdings in keinster Weise. 2013 erschien unter dem Titel »Heimatboden« eine Schwerpunktausgabe zur Ökologie, darin Texte zu den Grünen, der Nachhaltigkeit oder der Frage, »Wie grün waren die Nationalsozialisten?« Die Grünen werden weniger für ihr ökologisches Programm kritisiert, sondern für ihr »ideologisches«. Der einleitende Text »Ökologie ist rechts« von Norbert Borrmann nimmt eine historische Perspektive auf die ökologische Bewegung ein und konstatiert mit Verweis auf frühe Naturschützer wie Ernst Rudorff, der Ende des 19. Jahrhunderts den Begriff »Heimatschutz« prägte oder später Herbert Gruhl, dass die Umweltbewegung rechte und nicht linke Wurzeln habe, ein Verweis, den auch AutorInnen anderer Magazine bemühen. Die Anliegen der Grünen seien nicht ökologisch, sondern stünden dem entgegen: »Egalitarismus, Feminismus, Homoehe, Quotendiktatur, Zersetzung organisch gewachsener Familienstrukturen, Nationalmasochismus, Vergangenheitsbewältigung, Masseneinwanderung, Multikulturelle Gesellschaft. So halten Trittbrettfahrer mit einem naturwidrigen Menschenbild das Thema Ökologie besetzt.« (56/2013)

Mit dem Feindbild Grüne steht die Sezession nicht allein. Nahezu alle untersuchten Magazine arbeiten sich mangels eigener ökologischer Programmatik an den Grünen ab. In der neonazistischen Zeitschrift Volk in Bewegung (ViB) wurde das Thema Ökologie in den letzten zwei Jahren in fünf Ausgaben und insgesamt neun Artikeln behandelt. In einer der jüngsten Ausgaben fordert etwa Angelika Willig, das Thema Umweltschutz (in der ViB mitunter auch »Mitweltschutz«) den Grünen zu entreissen, um bei Wahlen Stimmen zu erhalten (AfD) und generell die Reputation der Rechten in der Bevölkerung zu verbessern. (1/2019) Da sowohl die »Gender-Lehre« als auch Homosexualität gegen die Naturgesetze verstoßen würden, seien die Grünen offensichtlich keine Naturschutzpartei, sondern eine »Mogelpackung«. Auch die »Erhaltung der deutschen Art« gilt der Autorin als Naturschutz. Umweltschutz ist auf diese Weise potenziell anschlussfähig an rechte Kernthemen wie völkischer Nationalismus, Migration, Antisemitismus oder Geschlechterpolitik, das verdeutlichen etliche Artikel nicht nur in der ViB. Ökologie gilt vielen AutorInnen entweder als strategisches Mittel, um ein neues Wähler*innenklientel zu erschließen, ohne dabei auf rechte Stammthemen verzichten zu müssen, oder dient dazu, sich am gegnerischen politischen Spektrum abzuarbeiten. Ein eigenes Konzept von Ökologie lassen die meisten AutorInnen dabei jedoch vermissen.

Dies gilt auch für die sich als nationalkonservativ verstehende Wochenzeitung Junge Freiheit (JF). Die diffuse Verknüpfung eines konservativen Heimat- mit einem romantischen Naturbegriff dient vielfach einer Abgrenzung zu anderen politischen Spektren, insbesondere den Grünen. Mit der festen Rubrik »Natur & Technik« wird ökologischen Themen ein regelmäßiger, wenn auch nachrangiger Platz eingeräumt. Hier finden sich etwa Artikel zum Artensterben oder der angeblichen Gefahr für eine endemische Natur durch »invasive Arten« und Epidemien als Folge von mangelndem Arten- oder Naturschutz (»Sorge um Lurchi. Ein eingeschleppter asiatischer Hautpilz bedroht den europäischen Feuersalamander«, 22/2017). Eine Parallelisierung von Naturschutz und ethnopluralistischen Kulturkonzepten, in denen ›Völker‹ ähnlich wie Tierarten in ihrem angestammten Lebensraum schützenswert sind, jedoch zur Gefahr werden, wenn sie ihren Lebensraum verlassen schwingt mit und wird punktuell auch explizit. Gleichsam strategisch wie in der ViB möchte der AfD-Politiker Volker Kempf seiner Partei den Natur- bzw. Tierschutz näher bringen, um damit Wähler-innen zu erreichen, denn ödp und Tierschutzpartei hätten im Gegensatz zur AfD mehr weibliche als männliche Mitglieder. Gleichzeitig lehnt er eine geschlechtergerechte Sprache als die »heilige Kuh […] der Sprachpanscher« ab, die es zu schlachten gelte, denn »ganzheitlich wäre es, die gewachsene Sprache und das gewachsene Gemüse zu achten.« (34/2018) Kempf ist Vorsitzender der politisch irrelevanten Herbert-Gruhl-Gesellschaft. Herbert Gruhl war Mitbegründer der Grünen, trennte sich jedoch 1981 von ihnen als sich abzeichnete, dass sich die rechten Strömungen in der Partei, die wie Gruhl vor den vermeintlich ökologischen Folgen der europäischen Einwanderungspolitik warnten und Themen wie Geschlechterpolitik als nebensächlich abqualifizierten, nicht würden durchsetzen können. Diese rechten Traditionslinien der Ökologiebewegung im Allgemeinen und von Teilen der frühen Grünen im Besonderen sind in den Periodika, jenseits von einzelnen Beteuerungen, das Feld thematisch (erneut) besetzen zu wollen, konzeptionell allerdings kaum wahrnehmbar.

Die diffuse Verknüpfung eines konservativen Heimat- mit einem romantischen Naturbegriff dient vielfach einer Abgrenzung zu anderen politischen Spektren, insbesondere den Grünen.

Die Zuerst! misst dem Thema Ökologie nur wenig Relevanz bei. Es ist weder eine eigenständige ökologische Agenda, noch eine aussagekräftige Positionierung erkennbar. »Umwelt« ist demnach auch kein festes Ressort – nur selten wird dem Thema eine eigene Kategorie eingeräumt. Wenn, dann wird das Feld von den üblichen Vielschreibern – tatsächlich ausschließlich von Männern – beackert. Neben gesellschaftlich viel debattierten Themen wie etwa dem Bienen-Sterben (8/9 2018) werden auch randständige Aspekte behandelt, etwa der Rückgang der Sanddorn-Strauchbestände an der Ostseeküste. (11/2018) Gerade der Artikel zum Bienensterben überrascht ob seiner kritischen Positionen. Der Einsatz von Pestiziden wird klar als Ursache für das Sterben von Wildbienen sowie anderer Insekten benannt. Beinahe schon konträr im Vergleich zu rechten Positionen zur deutschen Automobilindustrie, deren Abgasmanipulation meist völlig kritiklos hingenommen wird, greift der Autor Tom Stahrguntha die finanzstärksten Vertreter der Chemieindustrie wie Bayer und BASF direkt an: »Ob die Biene und mit ihr die Insektenwelt überlebt, hängt vor allem von den Agro-Riesen wie Bayer oder BASF ab.«

Diese Diskrepanz – Hofierung der Autoindustrie bei gleichzeitig scharfer Kritik an pestizidbelasteter Landwirtschaft und davon profitierenden Unternehmen – findet sich auch bei der NPD-Parteizeitung Deutsche Stimme (DS). Dort schrieb Bundesvorstandsmitglied Sascha A. Roßmüller über das Bienensterben durch Pestizide und orientierte sich dabei an breit rezipierten Studien. (2/2018) Über die Hintergründe kann nur spekuliert werden. Ein Aspekt ist sicherlich, dass das Auto als genuin deutsches Identitätssymbol gilt. Trotz aller Aktualität sind ökologische Themen in der monatlichen NPD-Parteizeitung jedoch nur äußerst sporadisch nachzulesen. Dies bemängelt die Mitbegründerin der rechten Öko-Zeitschrift Umwelt und Aktiv, Laura Horn (Pseudonym von Berthild Haese), im Interview mit der DS. Die NPD habe »noch nicht wirklich verstanden, daß es jenseits der Thematik Völkerwanderung noch Themenfelder geben muß, wenn man einen ernsthaften Anspruch auf Wählbarkeit hat. Und damit meine ich nicht die entsprechenden Zeilen in Parteiprogrammen, die ohne Zweifel da sind. Wir sprechen hier über konkretes Verhalten und die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit.« (9/2019) Die wenigen Artikel in der DS zum Themenfeld dienen meist dazu, (linke) Umweltaktivist*innen oder die Grünen zu diffamieren oder vermeintliche Angriffe auf die deutsche Wirtschaft durch ausländische Interessen zu monieren. Ein Rückgriff auf rechte ökologische Vorreiter wie z.B. Baldur Springmann und damit verbundene eigene Umweltschutz-Konzepte sind auch hier nicht zu finden. Insgesamt kommt die DS nur in den seltensten Fällen über die NPD-Parole »Umweltschutz ist Heimatschutz« hinaus, die auch von Bundesvorstandsmitglied Ronny Zasowk auf der Homepage der NPD vertreten wird, wenn er die Erhaltung der Natur als »Herzensanliegen von uns Nationalisten« betont, und daher vorschlägt, dass »die heimischen Wälder von Müll befreit werden«.


Das rechte Ökomagazin Umwelt & Aktiv

Die seit 2007 vierteljährlich erscheinende Zeitschrift Umwelt & Aktiv[3] (UA) widmet sich voll und ganz der Verknüpfung von Ökologie und rechter Weltanschauung. Klassische Themen der extremen Rechten werden aus vermeintlich ökologischer Perspektive betrachtet, etwa wenn unter dem Titel »Wie die Migration das Land auffrißt« eine Überbevölkerung Deutschlands konstatiert wird, die die »ökologische Tragfähigkeit« überschreite. Die UA wird von Christoph Hofer, einst Kandidat für die NPD in Bayern, bzw. dem Verein Midgard e.V. mit Sitz im bayerischen Traunstein herausgegeben. Unter den ständigen Rubriken »Familie, Haus und Garten«, »Naturschutz«, »Tierschutz« sowie »Heimatschutz« thematisieren Artikel die »schleichende Islamisierung im Tierschutz«, untersuchen das Verhältnis der Deutschen zum Wald, monieren Plastikmüll und »Verpackungswahn« oder klären über die Bedeutung des »Julleuchters« auf. Die letzten Ausgaben widmeten sich den Schwerpunktthemen Dieselaffäre (»Warum die Dieselaffäre in Wirklichkeit eine politische und journalistische Affäre ist«), Ozean (»Müllkippe – Rohstoffquelle – Lebensraum«) oder dem »Märchen von der Nachhaltigkeit«. Aufgrund der Vielzahl thematisch relevanter Artikel kann eine Auswertung der UA an dieser Stelle nicht geleistet werden. Nur so viel: Der menschengemachte Klimawandel wird als »Klimareligion« abgetan, der Treibhauseffekt geleugnet, regenerative Energien werden abgelehnt.[4] Fest steht, dass die Zeitschrift trotz ihrer Fokussierung auf Ökologie nicht als Stichwortgeberin innerhalb der extremen Rechten fungiert: In Artikeln anderer Magazine tauchen Verweise auf die UA schlicht nicht auf.
»Beheimatung« und »Seelenlandschaft«


Ein sehr eigener Artikel zum Thema Ökologie findet sich in Recherche D von Felix Menzel.[5] Der Selbstanspruch der »Denkfabrik für Wirtschaftskultur« ist dabei, »ökologischer als die Grünen [zu] sein, sozialer als die SPD, konservativer als die CDU, freiheitlicher als die FDP und alternativer als die AfD.« Nachdem in der ersten Ausgabe bereits über die Vermeidung von Plastikabfall geschrieben wurde, greift Reinhard Falter in der dritten Ausgabe das von Menzel formulierte Motto unter dem Titel »Ökologischer als die Grünen – Was wäre das?« wieder auf. Der »Naturphilosoph« Falter war längere Zeit selbst an Auseinandersetzungen um den Erhalt von Wildflusslandschaften in Bayern beteiligt und stützt seine Positionen auch auf diese Erfahrungen, bei denen sich Energieunternehmen mit ihren Interessen über rechtliche und politische Grenzen hinweggesetzt hätten.[6] Gleich im ersten Absatz zweifelt Falter den menschlichen Anteil am Klimawandel an, im Kern geht es ihm jedoch um etwas anderes, nämlich die Frage, »die Herrschaft welchen Menschentyps kann überhaupt naturverträglich sein«? Die Orientierung an der Natur, so Falter, müsse Vorrang besitzen vor den Interessen der Menschen. Aktuellen Umweltschutzdiskursen setzt Falter eine andere Prämisse entgegen: den Landschaftsschutz und das »sich Beheimaten in einer bestimmten Natur«. Diese »Beheimatung« präge die »Seelenlandschaft« des Menschen, wie Falter an anderer Stelle schreibt. Falters Naturbegriff ist zutiefst biologistisch, etwa wenn er die Zweigeschlechtlichkeit als Naturtatsache benennt oder mit Rückgriff auf Hans Blüher von zwei Menschenarten ausgeht, den »Vollmenschen« und den »Menschengesichtigen oder Attrappe[n]«. Darauf aufbauend greift Falter offen die Menschenrechte an: »Aber die in Verfassungsrang erhobene Behauptung, daß alle Menschen gleich und frei geboren seien, ist als Tatsache genommen ein Irrtum, und als Wert schädlich, weil die Gleichmacherei die höher veranlagten Menschen im Niveau drückt, die niedrigen aber nicht wirklich hebt. Wer nicht Verfassungsfeind ist, ist kein Naturfreund.« Kritik am ungebremsten wirtschaftlichen Wachstum, technischen Fortschritt oder an erneuerbaren Energien, die sich nur durch landschaftliche Eingriffe etablieren lassen (Windkraftwerke, Wasserkraftwerke etc.) verbindet Falter mit einem biologistischen, elitären und esoterischen Weltbild. Diese Zielrichtung ist für das rechte Milieu offenbar attraktiv. So schrieb Falter auch mehrfach für die Junge Freiheit und referierte beim Institut für Staatspolitik.

Des Deutschen Auto

Hinsichtlich der Verschränkung von Wirtschaft und Ökologie stechen in vielen Periodika vor allem die Themen Energiepolitik und Autoindustrie ins Auge. Diese und andere Aspekte werden für die These einer mangelnden wirtschaftlichen Souveränität Deutschlands herangezogen. Deutschlands wirtschaftliche Interessen, so der Tenor, seien gefährdet, entweder durch grüne (Energie-)Politik, die EU oder die USA. Mitunter scharfzüngig wird von einer »Deindustrialisierung« Deutschlands (JF, Zuerst!) oder gar von einem »Morgenthauplan« (Compact, ViB) fantasiert. Spektrenübergreifend werden regenerative Energien abgelehnt, wobei neben einer wirtschaftlichen Souveränität mitunter auch Aspekte wie lanschaftliche Veränderungen etwa durch Windräder (»Verspargelung von Landschaften«) eine argumentative Rolle spielen. Gerade hier ist eine Anschlussfähigkeit an nicht-rechte Kritik an energiepolitischen Maßnahmen gegeben.

In der Jungen Freiheit skizziert Michael Paulwitz den »Öko-Wahn« in Deutschland (49/2018). Einleitend schreibt der ständige Korrespondent der JF: »Wenn die Stichworte ›Bio‹, ›Öko‹ oder ›Klimaschutz‹ fallen, wird die ökonomische Vernunft in Deutschland außer Kraft gesetzt. Umweltschutz und Ressourcenschonung liefern den fadenscheinigen Vorwand für staatliche und supranationale Akteure, sich als Generalplaner einzumischen, um Handel und Gewerbe zu gängeln und die Freiheit der Bürger einzuschränken, über ihr Privateigentum zu verfügen und selbst für sie Entscheidungen zu treffen.« Es folgt ein Überblick über jene Maßnahmen, die »nicht zuletzt Deutschlands Leistungs- und Zukunftsfähigkeit untergraben«, vom Atomausstieg über Glühbirnenverbot bis hin zu Fahrverboten. In den kurzen Statements wird deutlich, dass es der JF vor allem darum geht, unter dem Primat einer nationalen ökonomischen Souveränität jegliche Maßnahme durchführen zu dürfen, ohne sich um eine globalpolitische oder nachhaltige Verantwortung – bei Paulwitz »Klimahysterie und Industriefeindlichkeit« – scheren zu müssen. Wer auch immer solche einfordert, wird von ihm als »Planwirtschafts-Bürokraten«, »Öko-Elite« oder »ökosozialistische Nomenklatura« bezeichnet. Der frisch gebackene Europaparlamentarier der AfD Nicolaus Fest geht mit seinem Linken- und Grünen-Bashing so weit, Gesundheits- und Umweltschutz in Bezug auf das Dieselfahrverbot als »vorgeschoben« zu bezeichnen. (11/2018) Es gehe darum, »das Auto kaputtzureden«, »Erziehungspolitik« zu betreiben und »gegen die wichtigste deutsche Industrie« vorzugehen. Regelmäßiger Kommentator auf der JF-Wirtschaftsseite ist Dirk Spaniel, verkehrspolitischer Sprecher der AfD im Bundestag und bis 2017 zwanzig Jahre lang bei Daimler in Sindelfingen als Entwicklungsingenieur angestellt. Alle Maßnahmen aus Brüssel sind ihm Angriffe von »Wirtschaftsfeinden« auf Deutschland, die EU betreibe de facto die Deindustrialisierung des Landes.

Ähnliche Akzente setzen auch Compact (»Auto-Aus für Deutschland?« (01/2017), »Rettet unsere Autobauer!« (9/2017) oder besonders drastisch »Skalpjagd auf deutsche Auto-Manager« (09/2018)) sowie die Deutsche Stimme. Die »politisch-mediale Klasse« falle, so der bayerische NPD-Funktionär Axel Michaelis, »angefeuert von der Meute der Klimahysteriker (…) der wichtigsten deutschen Wirtschaftsbranche in den Rücken und punziert sie als Betrüger, Menschenvergifter und Kriminelle«. (5/2019) Jede Kritik an Diesel als »wahrscheinlich eine der genialsten Erfindungen der Geschichte« verbietet sich der Autor. Auch wenn sicher Einzelne in der NPD/JN alternative Wirtschaftsformen wie regionale Wirtschaftskreisläufe favorisieren sind entsprechende Artikel in der Deutsche Stimme nicht auszumachen.

Auch in Zuerst! ist die »Diesel-Affäre« ein beliebtes Thema. Die Mär vom sauberen Diesel, der vollkommen zu unrecht als umweltschädlich in die Kritik geraten sei, wird hier systematisch aufrecht erhalten. Mitunter wird das Thema auch mit energiepolitischen Fragen verknüpft, etwa mit der These, dass der erhöhte Strombedarf durch die Verbreitung von Elektroautos durch regenerative Energien nicht zu decken sei. (1/2017) Bezogen auf die Elektromobilität überrascht die Zuerst! bisweilen mit ökologischen Argumentationen, die aber bei genauerer Betrachtung im Widerspruch zu ihren sonstigen Positionen stehen. Die Produktionsverhältnisse vor allem der Batterien für die Elektroautos werden dabei nicht nur umweltpolitisch, sondern auch im Hinblick auf weltwirtschaftliche Zusammenhänge diskutiert. Es stelle sich die Frage, »woher die dafür notwendigen Rohstoffe wie Lithium oder Nickel kommen sollen. Die wichtigsten Schürfrechte in Afrika hat sich bereits China gesichert, worauf uns das Magazin Cicero hinwies. Auch wenn die Batterietechnik in den letzten Jahren Fortschritte gemacht hat und weiter Fortschritte machen wird, bleibt sie auf absehbare Zeit die Achillesferse der E-Autos, und zwar sowohl im Hinblick auf den Preis als auch mit Blick auf die Lebensdauer der Batterien. Verbrauchte Akkus sind im übrigen Sondermüll, der bis auf weiteres die Umwelt belastet.« (10/2017) In der Tat spielt in der aktuellen Debatte die alles andere als ressourcenschonende Herstellung von Batterien kaum eine Rolle. So geht, nur ein Beispiel, der großflächige Lithiumabbau aufgrund seines immensen Wasserverbrauches zu Lasten von Landwirt*innen in den Abbauregionen, denen das Wasser buchstäblich abgegraben wird.[7] Entsprechende Überlegungen können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch der Zuerst! weniger um lokale Ökosysteme geht, sondern im wesentlichen um den Erhalt der Atom- und Kohleindustrie. Ökologische Themen werden nahezu ausschließlich unter marktradikalen Gesichtspunkten verhandelt.

Der zweite Teil des Artikels »Ökologie von rechts«  erscheint am Mittwoch, den 10. Juli 2019. Die apabiz-Publikationsreihe magazine nimmt rechte Periodika unter die Lupe, beleuchtet zentrale Diskurse und schafft damit eine Grundlage für die argumentative Auseinandersetzung.

  1.  Für diese Ausgabe haben wir uns die neurechte Sezession, die NPD-Zeitung Deutsche Stimme, das »deutsche Nachrichtenmagazin« Zuerst!, die neonazistische Volk in Bewegung, die Umwelt & Aktiv, die N.S. Heute, das Compact-Magazin von Jürgen Elsässer, die CATO, die Wochenzeitung Junge Freiheit, das Arcadi-Magazin sowie die vergleichsweise neue Zeitschrift Recherche D angeschaut. Während in der CATO sowie in N.S. Heute keine thematisch relevanten Artikel zu finden waren, wird in der jüngsten Ausgabe des Arcadi-Magazins zumindest einmal der Versuch unternommen, über das Thema Ökologie rechte Positionen zu vermitteln. Der Artikel vereint die gängigen Standpunkte, die sich auch in vielen anderen hier rezipierten Magazinen finden lassen, weshalb an dieser Stelle auf eine eingehende Analyse verzichtet wird.
  2.  Für einen Gesamtüberblick zum Thema bieten sich an: Peter Bierl: Grüne Braune. Umwelt-, Tier- und Heimatschutz von rechts, Münster 2014 sowie oekom (Hrsg.): Ökologie von rechts. Braune Umweltschützer auf Stimmenfang, München 2012. Mit der Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (FARN) gibt es zudem seit knapp zwei Jahren eine im Präventionsbereich angesiedelte Institution, die zum Thema publiziert und Bildungsarbeit anbietet. www.nf-farn.de
  3.  Eine umfangreiche Masterarbeit zur Umwelt und Aktiv findet sich in unserer Bibliothek: »Muttererd‘ und Vaterland. Die Anknüpfung extrem rechter Ideologie an ökologische Fragen, untersucht in der Zeitschrift ›Umwelt und Aktiv‹«, Freiburg im Breisgau 2019.
  4.  Vgl. u.a. o.g. Masterarbeit, S. 40-46.
  5.  Menzel zeichnet außerdem für die als Schülerzeitung gestartete Blaue Narzisse verantwortlich, die mittlerweile nur noch als Webprojekt existiert.
  6.  Ulrich Linse: »Fundamentalistischer« Heimatschutz. Die »Naturphilosophie« Reinhard Falters, in: Uwe Puschner, G. Ulrich Großmann (Hrsg.): Völkisch und national. Zur Aktualität alter Denkmuster im 21. Jahrhundert, Darmstadt 2009, S. 159–178, hier S. 163.
  7.  Entsprechend fordern NGOs, die sich neben ökologischen Fragen auch den globalpolitischen wirtschaftlichen Zusammenhängen widmen, dass in der Diskussion rund um erneuerbare Energien und Elektrotechnik die sozialen und ökologischen Risiken des Rohstoffabbaus nicht vergessen werden dürfen. Vgl. dazu etwa die Ende 2018 von Brot für die Welt, Misereor e.V. und PowerShift – Verein für eine ökologisch-solidarische Energie- und Weltwirtschaft e.V. gemeinsam herausgegebene Studie »Weniger Autos, mehr globale Gerechtigkeit. Diesel, Benzin, Elektro: Die Antriebstechnik macht noch keine Verkehrswende«. Online auf www.power-shift.de