Medienschau: Ausstellung »Immer Wieder? Extreme Rechte und Gegenwehr in Berlin seit 1945« – Teil 2
In den vergangenen Monaten berichteten erneut verschiedene Medien über die vom apabiz und Aktiven Museum erarbeitete Ausstellung. Diese war 2019 in mehreren Berliner Bezirken zu sehen. Für das Jahr 2020 sind bereits weitere Ausstellungsorte und Veranstaltungen geplant.
The Far Right Is Taking On Cultural Institutions
Theaters, museums, and other venues in Germany are facing pressure from the AfD, raising questions about the extent of artistic freedoms
BERLIN—Protests against public artworks in Dresden and Kassel. A ban on political discussions at the city theater in Freiberg. And a criminal investigation against a performance art collective.
Germany’s far right is fighting a culture war—and at the forefront is the country’s largest opposition party, the Alternative for Germany (AfD). Founded only six years ago, the group has transitioned from a platform of opposing the euro to far-right nationalism. Fierce anti-immigrant rhetoric has helped the group gain sizable sway in regional parliaments, with significant victories in three regional elections this fall.
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In Berlin, the party has filed successive legal complaints against a small exhibition on far-right extremism that included brief references to the AfD on two display panels.
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»The AfD wants to make criticism impossible,« says Kilian Behrens, who co-curated the Berlin exhibition on far-right extremism. »It is a very grueling and dangerous situation.«
Mehr: The Atlantic vom 28.10.2019
AfD-Beschwerde gegen eine Ausstellung zu rechter Gewalt
📻-Beitrag von @dlfkultur: "Wenn man die extreme Rechte & #Rassismus & #Antisemitismus in #Berlin benennen will, muss man auch über die #AfD reden." Im Interview sprachen wir über deren Angriffe gegen unsere #Ausstellung "#ImmerWieder?". https://t.co/Glr6EixSWq @Aktives_Museum
— apabiz (@apabiz) July 4, 2019
Die Ausstellung »Immer wieder – extreme Rechte und Gegenwehr in Berlin seit 1945« tourt derzeit durch Berlin. Im Rathaus Neukölln sorgte sie für Proteste der AfD. Weil die Partei selbst Gegenstand ist, wollte sie Teile der Ausstellung verhindern.
»Genau, das ist jetzt die Tafel zum Thema Rechtsterrorismus.«
Kilian Behrens bleibt an der Schautafel »Rechtsterrorismus« stehen. Sie erzählt vom Anschlag auf den Berliner Buchhändler Klaus Baltruschat. 1997 in Marzahn niedergeschossen vom Neonazi Kay Diesner.
»Das erinnert stark an den Fall Lübcke, das sind dann immer wieder die aktuellen Bezüge, die man in einer Ausstellung hat, die man natürlich nicht einplant…«
Die Schautafel ist Teil der Ausstellung »Immer wieder – extreme Rechte und Gegenwehr in Berlin seit 1945«.
Mehr: Deutschlandfunk Kultur vom 03.07.2019
Die Berliner Wanderausstellung »Extreme Rechte seit 1945«
Die Ausstellung »Immer wieder? Extreme Rechte und Gegenwehr in Berlin seit 1945« wurde als geschichtspolitische Intervention vom »Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin« (apabiz) und dem Verein Aktives Museum erstellt.
»Wir fordern die Ratten auf, aus ihren Löchern zu kommen und ihr Nazi-Heldentum zu zeigen, damit sich die Jugend Berlins nicht nur mit Worten, sondern auch mit den Fäusten mit ihnen auseinandersetzen kann.« Dieser Aufruf stammt nicht von einer lokalen Jugendantifa – er stammt vom Berliner Innensenator Joachim Lipschitz (SPD), der auf einer antifaschistischen Kundgebung in Charlottenburg im Januar 1960 eine Rede hielt. Lipschitz wusste wovon er sprach: Als sogenannter »Halbjude« war er während des Nationalsozialismus Schikanen und Verfolgung ausgesetzt und konnte nur durch Untertauchen der Zwangsarbeit entgehen. Dem Ausspruch vorausgegangen waren die Gründung neonazistischer Organisationen, wie z.B. der »Bund Nationaler Studenten« (BNS) und die »Nationaljugend Deutschland« sowie zahlreiche Hakenkreuzschmierereien, die Ausgangspunkt für die von über 40.000 Menschen besuchte Demonstration bildeten.
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Im Zentrum der Ausstellung stehen zehn historische Ereignisse von den 1950er Jahren bis in die Gegenwart. Die ausgewählten Begebenheiten stehen dabei exemplarisch für verschiedene Handlungsfelder und werden anhand diverser Medien wie Fotografien, Presse-, Radio- und Fernsehberichten, Plakaten, Flugblättern und Interviews in ihren konkreten historischen Zusammenhang dargestellt. Dabei werden nicht nur die Ereignisse selbst, sondern auch die Reaktionen der Berliner Stadtgesellschaft nachgezeichnet. In einer Fundraising-Aktion über »Startnext« kamen im Herbst 2018 in nur sechs Wochen zusätzliche 5000 Euro für Medienstationen zusammen.
Die Beispiele der Ausstellung belegen eindrücklich, dass rassistisches, antisemitisches und völkisches Gedankengut eben nicht mit dem Untergang des Dritten Reiches für immer unschädlich gemacht worden war, sondern sich in zahlreichen Organisationen, Parteien und Einzelpersonen neu transformierte und bei Wahlen sogar beachtliche Erfolge erringen konnte.
Mehr: Antifaschistisches Infoblatt (AIB) Nr. 123
Ausstellung: Immer wieder? Extreme Rechte und Gegenwehr in Berlin seit 1945
Meine Kindheit war geprägt durch den wachsenden Rechtsextremismus in der DDR, durch Neonazis, die prügelnd durch die Straßen liefen und einen Staat, der all das ausblendete, verneinte, ignorierte. Man vertuschte die Überfälle auf Homosexuelle, auf Linke. Und als man spätestens beim Überfall auf die Besucher des Konzerts in der Zionskirche im Oktober 87 nichts mehr vertuschen konnte, waren es die »Anderen«, waren die Nazis natürlich aus dem Westen gekommen. Bei uns, da wo alles sicher war, gab es sie nicht – so sagte man. Und wusste gleichzeitig, dass es eine Lüge war. Eine Lüge, die dem Wachsen und Weiterwachsen bis nicht zuletzt zum NSU Vorschub leistete. In meinen letzten Schuljahren war ich umgeben von Mitschülern, die offen rechts waren. Die Ihre Propaganda im Unterreicht verbreiteten und umgeben von einem Schweigen und Abtun der Lehrer:innen dort – auch, als ein Mitschüler fast tot geprügelt wurde. »Das war ja vor der Schule, nicht in ihr«. Wir wussten, wer die Täter waren. Kurz danach wechselte ich die Schule. Es waren die 90er. Man ließ gewähren. Dachte, es wäre eine Phase und schon damals, in meinen jungen Jahren dachte ich, das wird nicht so sein. Jetzt muss man nicht ignorieren, nicht vertuschen und doch tat man es. Man tut es bis heute. Tut ab, vergisst, vergisst zu schnell. Wie viel auch ich schon wieder vergessen hatte, sah ich, als ich in eben jener Zionskirche im April die Ausstellung »Immer wieder? Extreme Rechte und Gegenwehr in Berlin seit 1945« besuchte. Eine Ausstellung, die erstaunlich wenig Medienresonanz in Berlin und auch sonst erhielt. Eine Ausstellung, deren Wichtigkeit offensichtlich mehr als unterschätzt wird. Macht man sich selbst zur Zielscheibe, wenn man sie in den eigenen Räumen zeigt, wenn man darüber schreibt? So scheint es fast.
Mehr: irgendwie jüdisch vom 18.06.2019
Die AfD und die Kunst
Im Europawahlkampf spannte die rechtspopulistische AfD Kunst vor ihren Karren. Die Partei bekennt sich zu einer Hochkultur-Strategie. Beobachter warnen vor Islamophobie und Rassismus im kulturell veredelten Schafspelz.
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Zugleich versuchten AfD-Funktionäre in der jüngsten Vergangenheit, auf Ausstellungen verschiedener Einrichtungen einzuwirken, indem bestimmte Werke nicht gezeigt werden sollten. So geriet beispielsweise die Ausstellung »Immer wieder? Extreme Rechte und Gegenwehr in Berlin seit 1945« im Berliner Rathaus Neukölln unter Druck: Die Organisatoren, so der Wunsch der AfD, sollten parteibezogene Inhalte zur Europawahl entfernen.
»Wir wollen mit der Ausstellung auf die Kontinuität der extremen Rechten in Berlin aufmerksam machen und gleichzeitig auf die Facetten des sozialen Widerstands hinweisen« , erklärt Vera Henssler vom »Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum« im DW-Gespräch. »Die AfD ist nur ein kleiner Teil in dieser Geschichte, aber sie ist zweifellos einer der Akteure.«
Die AfD-bezogenen Ausstellungsinhalte zeigen etwa, wie sich Parteimitglieder auf dem Höhepunkt der sogenannten »Flüchtlingskrise« 2014/15 für islamfeindliche Proteste Neonazis anschlossen. Oder wie sich die rechten Tendenzen innerhalb der AfD im Laufe der Zeit verstärkt haben und die Partei von einer ursprünglich EU-kritischen Partei zu einer zentralen Plattform der Islamophobie wurde.
Mehr: Deutsche Welle vom 05.06.2019
Immer Wieder?
📻-Beitrag von Radio Obskura: Auditiver Rundgang durch unsere gemeinsam mit @Aktives_Museum erarbeitete #Ausstellung "Immer wieder? Extreme Rechte und Gegenwehr in #Berlin seit 1945". Die komplette Sendung könnt ihr hier nachhören: https://t.co/JETKpUSevt #immerwieder pic.twitter.com/4tfyi581du
— apabiz (@apabiz) June 7, 2019
Unter dem Titel »Immer Wieder? Extreme Rechte und Gegenwehr in Berlin seit 1945« haben die beiden Vereine apabiz – Antifaschistisches Pressearchiv und Bildungszentrum und Aktives Museum – Faschismus und Widerstand in Berlin eine Ausstellung zu einem Thema erstellt, das zwischen der Erinnerung an die NS-Zeit und dem rechten Terror der jüngsten Vergangenheit gerne in den Hintergrund gedrängt wird.
Anhand zahlreicher Stationen mit Texten, Glossar-Einträgen, Audio- und Video-Material werden ausgewählte Aspekte für ein breites Publikum zugänglich gemacht. Immer werden Einzelfälle dargestellt, die als Ausgangspunkt für weitere Erkundungen dienen.
Vera von apabiz und Astrid vom Aktiven Museum haben Radia Obskura durch die Ausstellung geführt und mit uns über Konzept und Absichten gesprochen.
Mehr: Radio Obskura vom 30.05.2019
Wanderausstellung „Immer wieder? Extreme Rechte und Gegenwehr in Berlin seit 1945“: Erst in der Zionskirche jetzt im Rathaus Neukölln
»An dieser Ausstellung gehen alle Fraktionen vorbei in den BVV-Saal. Das ist eine gute Gelegenheit, um einen Blick auf die Tafeln zu werfen und sein eigenes politisches Koordinatensystem zu überdenken«, mahnte Bezirksbürgermeister Martin Hikel in seinem Grußwort am vergangenen Freitagabend zur Eröffnung der Wanderausstellung »Immer wieder? Extreme Rechte und Gegenwehr in Berlin seit 1945« im Rathaus Neukölln.
„Extrem rechtes Denken und Handeln kamen weder mit dem Nationalsozialismus in die Welt noch sind sie mit ihm untergegangen«, lautet die Ausgangsthese der Ausstellungsmacher von apabiz, dem Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin e. V. und dem Aktiven Museum e. V.. »Seit der Selbstenttarnung des NSU 2011 scheint die extreme Rechte in der Bundesrepublik präsent wie nie zuvor«, spitzen sie die Situation aber warnend zu. Beispielhaft greift die Ausstellung zehn Ereignisse auf, die den unterschiedlichen Aktionsfeldern der extremen Rechten von 1945 bis zur Gegenwart zuzuordnen sind und dokumentiert zudem den gesellschaftlichen Widerstand.
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Nachdem die Wanderausstellung am 29. März in der Zionskirche in Berlin-Mitte eröffnet wurde, ist ihre zweite Station nicht zufällig in Neukölln. Eine Tafel geht ausführlich auf die Folgen ein, die zwei Brandanschläge auf das Anton-Schmaus-Haus in Britz für die linke Jugendorganisation Die Falken hatten. Seit den 1980er Jahren sind neonazistische Skinhead-Gruppen besonders im südlichen Neukölln aktiv.
Erst im Februar 2018 gab es auf dem Vorplatz des Rathaus Neukölln eine große Solidaritätskundgebung, an der u. a. Petra Pau, die Vize-Präsidentin des Deutschen Bundestages, sowie Justizsenator Dirk Behrendt teilnahmen, nachdem in Britz und Rudow die Autos von Heinz-Jürgen Ostermann, Geschäftsführer der Buchhandlung Leporello, und Ferat Ali Kocak, Mitglied im Bezirksvorstand der Neuköllner Linken, in Brand gesteckt worden waren.
Mehr: FACETTEN-Magazin Neukölln von 15.05.2019
Das Kontinuum rechter Gewalt
Eine Ausstellung im Neuköllner Rathaus zeigt die lange Geschichte rechter Gewalttaten in Berlin seit 1945. Allein im Bezirk waren es 55 seit 2016.
Am 19. Februar 1997 wurde Klaus Baltruschat in seiner Buchhandlung in Marzahn von dem Neonazi Kay Diesner angeschossen. Baltruschat verlor seinen linken Unterarm und einen Finger seiner rechten Hand.
An Taten wie diese soll die Ausstellung »Immer wieder? Extreme Rechte und Gegenwehr in Berlin seit 1945« im Rathaus Neukölln erinnern. Am Freitagabend wurde sie von Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) eröffnet: Rechtsextremismus sei keine neue Gefahr, sondern eine alte, sagte er. Er erinnere sich noch an die 90er Jahre, als sich die rechtsextreme Szene am U-Bahnhof Rudow traf. »Nur weil es im Straßenbild weniger sichtbar ist, heißt das nicht, dass die Gefahr weg ist«, so Hikel.
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In den 90er Jahren war der Neonazi Kay Diesner der Gruppe »Weißer Arischer Widerstand« beigetreten und sah sich selber als »politischer Soldat «. Auf der Flucht nach dem Anschlag auf den Buchhändler erschoss er einen Polizisten und verletzte einen weiteren schwer. Informationen, die aus dem antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin (apabiz) stammen. Gemeinsam mit dem Aktiven Museum, einem Verein, der über die Folgen und Kontinuität der NS-Zeit aufklärt, konzipierte und verwirklichte das apabiz die Ausstellung.
Mehr: taz vom 12.05.2019
Die Wanderausstellung »Immer Wieder? Extreme Rechte und Gegenwehr in Berlin seit 1945« ist vom 6. Januar bis zum 6. Februar 2020 an der Volkshochschule Marzahn-Hellersdorf zu sehen. Alle Informationen zur Ausstellung finden sich hier.
Hier geht es zum ersten Teil der Medienschau anlässlich der Ausstellung.