Brutal ja, neonazistisch nein

Erfurt • Zehn Haftstrafen und vier Freisprüche, das ist das Ergebnis nach anderthalb Jahren beziehungsweise 44 Verhandlungstagen im sogenannten Ballstädt-Prozess. Dieser ging am 24. Mai vor dem Landgericht Erfurt zu Ende. Im Februar 2014 hatte eine Gruppe Neonazis eine Kirmesgesellschaft in der thüringischen Kleinstadt angegriffen und mehrere Personen schwer verletzt. Das Gericht wertete die Tat nun als brutalen Überfall auf die Zivilgesellschaft. Als neonazistische Gewalt wollte es sie hingegen nicht verstanden wissen. Dem widerspricht die langjährige ideologische, als auch personelle Einbindung der Angeklagten in die militante Neonaziszene. Zu dieser bekannten sie sich noch am Tag der Urteilsverkündung durch entsprechende Kleidung oder offen getragene Tätowierungen. Die rechte Szene organisierte Spendensammlungen für die Angeklagten. Die fehlende Einbeziehung des ideologischen Hintergrunds in das Urteil kann als eine Entpolitisierung der Tat gewertet werden. Eine umfassende Dokumentation des Prozesses findet sich unter ballstaedt2014.org.