Medienschau: Nationales Biedermeier

Bei neun Prozent wird die Berliner AfD derzeit in Umfragen gemessen – bei einem nicht-öffentlichen Parteitag soll das Programm am Sonntag beschlossen werden. Das »nd« hat den Leitantrag analysiert.

Wo der fünfte Landesparteitag der Alternative für Deutschland (AfD) stattfinden soll, steht noch nicht fest. Ein Veranstaltungsort in Mitte hat den Rechtspopulisten bereits abgesagt, derzeit lädt die Partei nach Hohenschönhausen. »Es findet am Sonntag der Parteitag der AfD statt – weitere Informationen folgen in Kürze«, sagt der Pressesprecher der Berliner AfD, Ronald Gläser. In ihrer Einladung für die »nicht-öffentliche« Veranstaltung fordert die Partei ihre Mitglieder auf, »auf jeden Fall« den Personalausweis zum Nachweis der Identität mitzubringen.

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Wie rückwärtsgewandt und wie groß die Sehnsucht nach »klassischen« Lösungen in der AfD ist, spiegelt sich auch an vielen anderen Stellen des Leitantrags wider, der quasi eine Blaupause für ein nationales Biedermeier entwirft. Dazu passt, dass in den Vorstellungen für die historische Stadtmitte das »Stadtschloss« als bedeutender Anfang für die Rückgewinnung dieses Areals hervorgehoben wird. Ergänzt wird die rechtspopulistische Weltsicht natürlich durch »Law-and-Order«-Forderungen: mehr Polizisten, mehr Videoüberwachung und die Herabsetzung der Strafmündigkeit von 14 auf 12 Jahre. Kern des Programms ist die Forderung nach einer grundsätzlichen »Kurskorrektur« in der Flüchtlings- und Asylpolitik.

»Dass die AfD alibimäßig das Grundrecht auf Asyl vertritt, ist nur vorgeschoben«, sagt Frank Metzger vom »antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum« (apabiz). Schließlich würden, so der Rechtsextremismusexperte, zugleich ein Aufnahmestopp und eine rigorose Abschottungspolitik gefordert werden. »Die AfD versucht sich ein gesamtgesellschaftliches Profil zu geben«, sagt Metzger. Harte Formulierungen in der Asylpolitik stünden vergleichsweise softe Formulierungen für andere Bereiche gegenüber. Heraus kommt eine Gratwanderung: »Einerseits bedient die AfD NPD-Sprechweise, anderseits probiert sie, CDU-Wähler für sich zu gewinnen«, sagt Metzger. Dieser Spagat zeigt sich auch in der Breite der Forderungen: Neben Tierschutz geht es um Kleingartenanlagen oder die Abschaffung benzinbetriebener Laubbläser. Hinzu kommen antisoziale Forderungen wie die Abschaffung des Mindestlohns.

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Mehr: Neues Deutschland vom 11.03.2016